Wenn es um Organspenden geht, ist Moral fehl am Platz - das ist wohl die wichtigste Lektion, die Politiker und Mediziner seit Bekanntwerden der Transplantationsskandale gelernt haben. Und so werden am Samstag, dem bundesweiten Tag der Organspende, hoffentlich weitaus weniger erhobene Zeigefinger zu sehen sein, um an die Menschlichkeit zu appellieren. Denn die Not ist bekannt: Noch immer stehen mehr als 10 000 Menschen auf den Wartelisten für ein Spenderorgan. Viele warten bereits seit Jahren - zu viele vergeblich. Grundsätzlich hält es die Mehrzahl der Bundesbürger auch für richtig, nach dem Tod die eigenen Organe Schwerkranken zur Verfügung zu stellen - nämlich rund 80 Prozent, wie eine Umfrage der Barmer Krankenkasse zeigt. Doch statt als logische Folge den Organspendeausweis auszufüllen, haben lediglich 32 Prozent der Bürger ein Kreuzchen gemacht. Das Zögern zeigt vor allem eines: Eine so wichtige Entscheidung wie die Organspende braucht Zeit. Bei vielen ist das Misstrauen nach den Transplantations-Skandalen noch da. Und es gibt noch einen weiteren Punkt, der viele verunsichert: die Debatte über den Hirntod. Nicht einmal die Medizinethiker sind sich einig, ob der Hirntod wirklich als klares Zeichen für den Tod gewertet werden darf: Demnach wäre der Hirntod nicht das Lebensende, sondern nur der letzte unumkehrbare Schritt zum Tod. Daher ist es umso wichtiger seitens der Ärzte und Politiker, die Ängste und Zweifel der Betroffenen ernst zu nehmen. Nur dann können diese eine fundierte Wahl treffen - und festlegen, ob sie Organe spenden wollen.