Schlechte Wahlergebnisse schon vorher prominenten Spitzenleuten das Amt gekostet: Günther Beckstein und Erwin Huber zum Beispiel, die bei der Landtagswahl 2008 auf 43,4 Prozent abstürzten, nachdem Edmund Stoiber fünf Jahre zuvor 60,7 Prozent geholt hatte. Und auch Stoiber selbst wurde ein Jahr zuvor gegangen.

In der CSU scheint es, wie im Fußball zuzugehen: Solange die Mannschaft vorne mitspielt, ist alles gut. Bleiben die Tore aus, wird sofort der Trainer infrage gestellt. Nun, im Fall Seehofer, ist die Palastrevolution aber erst einmal abgesagt. Eine Personalentscheidung soll es erst Mitte November auf dem Parteitag geben. Dass sich Seehofers Kritiker damit einverstanden erklären, hat nicht mehr als taktische Gründe. Ist das nur die Ruhe vor dem Sturz? Einige wären den CSU-Chef nämlich am liebsten jetzt schon los. Unter anderem hatte ihm Alexander König, Landtagsabgeordneter aus Bad Steben, einen Rücktritt von den Spitzenämtern nahegelegt. Aber erst einmal muss noch jemand die Arbeit machen: Wer, wenn nicht Seehofer soll die Koalitionsverhandlungen führen und am Ende Verantwortung übernehmen für womögliche Zugeständnisse an die Koalitionspartner? Sein ewiger Rivale Markus Söder? Wohl nicht. Im schlechtesten Falle wäre der dann nämlich wegen der nötigen Kompromisse für ein schlechtes Wahlergebnis bei der Landtagswahl 2018 verantwortlich. Und – wie das bei der CSU eben so üblich ist – schnell wieder weg. Wenn er schlau ist, wird er dieses Risiko nicht eingehen.

Mit den Rücktrittsforderungen bringen die Seehofer-Kritiker ihre Partei nicht weiter. Nach dem schlechten Wahlergebnis braucht es keine Personaldebatte, sondern eine Konzentration auf die Inhalte und eine gründliche Analyse darüber, wie fast eine Million CSU-Wähler zur AfD überlaufen konnten.