Ausgerechnet aber bei der religiösen Toleranz, einem Schmierstoff jeder Demokratie, gibt es Defizite. 57 Prozent der West- und 57 Prozent der Ostdeutschen nehmen den Islam als Bedrohung wahr. Laut "Religionsmonitor" der Bertelsmann Stiftung sehen viele im Islam weniger eine Religion als eine politische Ideologie, die für dogmatische Vorstellungen und rigide Intoleranz steht. Ist der Islam gefährlich? Eine Bedrohung, vor der sich die Deutschen fürchten müssen? Nein! Nicht der Glaube an den einen Gott und ein Leben nach seinen Geboten sind gefährlich, sondern irregeleitete Einzelne und radikale Gruppen, die Religion für ihre Zwecke missbrauchen. Es ist unbestritten: Der Islam ist eine gesellschaftlich agile und politisch aktive Religion. Und: Die wachsende Zahl von Menschen muslimischen Glaubens wird Deutschland weiter verändern. Eine sich multisozial, multikulturell und multireligiös wandelnde Gesellschaft birgt immer Chancen und Risiken: kulturelle und gastronomische Vielfalt und Nachwuchs für den Arbeitsmarkt, aber auch Parallelgesellschaften, steigende staatliche Ausgaben, mehr Kriminalität und Alltagskonflikte. Aber diese Vielfalt und Widersprüchlichkeit gehören zur Demokratie, die nur gemeinsam und nie gegeneinander gedeihen kann.