Eine Halle ist was Großes: ein mächtiges Gebäude, ein hoher, weiter Raum für die Maschinen einer Fabrik oder, erlesen ausgeschmückt, als Entree für ein luxuriöses Etablissement. Die jüngste Halle in Wolfsburg ist hingegen winzig: kaum größer als ein Vogelhaus. Gerade mal einen Viertelkubikmeter Raum umfasst sie und teilt sich auch noch in zwei Etagen. Gleichwohl trägt sie einen großen Namen: "Kunsthalle Marcel Duchamp", nach dem französisch-amerikanischen Konzeptkünstler, der für Dada und Surrealismus Maßstäbe setzte. Kürzlich wurde die Kunstsammlung en miniature unmittelbar vor dem Kunstmuseum der Stadt eingeweiht. Um einen Guckkasten handelt es sich, in den der kunstsinnig Neugierige durch fünf Öffnungen hineinspähen kann. Für die puppenstubenartigen Ausstellungsflächen drinnen haben die Erfinder, Stefan Banz und Caroline Bachmann aus der Schweiz, nicht einmal auf angemessene Tapeten und schmucke Leuchtkörper verzichtet. Vor allem menschliche Nacktheit, Schokolade und andere Gelegenheiten zum Genuss präsentiert die erste Ausstellung des klitzekleinen Museums, in dem neben allerlei zierlichen Exponaten eine Pyramide aus Trüffelpralinen - von Sonja Alhäuser - geradezu riesenhaft, raumfüllend wirkt. Zu durchstreifen braucht man die Halle nicht: Sehen statt gehen dürfe der Betrachter, sagte Ralf Beil vom großen Kunstmuseum der Stadt dem Norddeutschen Rundfunk. Und er sagt: "In der Kunst geht es immer um Proportionen." Mithin geht es hier "um das Kleine, das genauso wichtig und stark ist wie das Große und genauso intensiv sein kann". Dass es sich bei Kunst und Kostbarkeiten lohnt, noch auf verschwindende Kleindetails genau zu achten, wussten bereits die Altvorderen. So stellt das Grüne Gewölbe in Dresden als Publikumsmagneten einen über 400 Jahre alten Kirschkern mit Mikroschnitzereien aus: Der 4,5 Millimeter große Partikel enthält nicht weniger als 113 "Angesichter".