Münchberg Risikogeschäfte im Internet

Von Werner Bußler

Erst das Geld, dann die Ware: Online-Händler Alexander Schmidt ist Betrügern aufgesessen. Er gibt Tipps fürs sichere Verhalten im Netz.

 
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Helmbrechts - Alexander Schmidt ist sauer. Er macht Geschäfte im Internet - und hat immer öfter mit Geschäftspartnern zu tun, die alles andere als seriös sind. Für den 45-jährigen Wahl-Helmbrechtser ein Problem, für die Polizei ein weites Betätigungsfeld. Das Internet zeigt sich zunehmend als eine beliebte Verkaufsplattform. Und das weltweite Netz ist kein rechtsfreier Raum, obwohl das manche Zeitgenossen so sehen. Immer wieder ist im Polizeibericht von Betrügern zu lesen, die nach Erhalt einer Zahlung für einen online erstandenen Artikel diesen einfach nicht liefern. Deshalb verlangen manche Verkäufer keine Vorkasse und vertrauen ihren Kunden. Dass aber dieses Entgegenkommen nicht immer gedankt wird, hat Alexander Schmidt schon oft erfahren.

Der 45-jährige Zahntechniker, der seit einigen Jahren in Helmbrechts wohnt, verkauft im Internet nebenberuflich auftragsgefertigte Holster für Waffen. Zu seinen Kunden zählen Jäger, Personenschützer, Kriminalbeamte, Bundeswehrangehörige und Sportschützen. Nicht immer aber sind die Besteller seriös. So berichtet er von einem Fall, in dem er zwar bei den ersten Aufträgen Vorkasse verlangte, um die Bonität des Kunden zu testen. Dann stellte aber - nach einigen auf diese Weise beglichenen Bestellungen - Rechnungen aus. Auf das Geld dafür warte er heute noch, berichtet er: "Besonders geärgert hat mich die Dreistigkeit des Kunden, telefonische Beratung in Anspruch zu nehmen und Extrawünsche zu äußern."

Dabei weiß Schmidt nicht einmal, ob er unter der Lieferadresse tatsächlich denjenigen antreffen würde, mit dem er am Telefon gesprochen hat. Denn mittlerweile hebt niemand mehr den Hörer ab, auch Briefe und E-Mails bleiben unbeantwortet. "Als kleiner Unternehmer muss ich im Impressum alles Mögliche von mir angeben, aber die Identität der Käufer ist nicht gesichert", ärgert sich der Händler.

Auch habe man - was er schon richtig findet - als Onlinehändler viele Pflichten zu erfüllen, wie das 14-tägige Rückgaberecht; doch sei man im Nachteil, wenn es darum geht, Forderungen geltend zu machen.

"Das ist teilweise der Anonymität im Netz geschuldet", ist sich Schmidt sicher. Manche Leute mit krimineller Energie nutzen dies aus und lassen sich an eine Deckadresse Waren liefern, die sie nie bezahlen. Möglicherweise bieten sie die Artikel ihrerseits wieder über eines der Verkaufskontore im Internet an. Dabei wüssten diese Menschen oft, dass sie kaum verfolgt werden, übersteigen doch die Kosten für ein aufwendiges Mahnverfahren in vielen Fällen den Warenwert. Deshalb empfiehlt Schmidt seinen Kollegen, die Zahlungsweise über Paypal zu nutzen. Damit sind alle Partner auf der sicheren Seite.

"Für mich ist es aber ein mulmiges Gefühl, Dinge im Voraus zu bezahlen, auch ein Handwerker bringt ja erst seine Leistung, bevor es dafür Geld gibt", sagt Alexander Schmidt. Doch aufgrund seiner Erfahrungen verlange auch er nun immer das Geld vor der Lieferung der Ware. Dank guter Bewertungen seines Geschäfts im Internet könne er dies mit gutem Gewissen tun.

Probleme im Onlinehandel kennt die Helmbrechtser Rechtsanwältin Jutta Brannaschk aus ihrer täglichen Praxis. Genau wie beim Kauf im Laden gehe man bei einem Erwerb im Internet einen Kaufvertrag ein. "Wenn ich einen Artikel im örtlichen Geschäft kaufe und der ist Schrott, bringe ich ihn zurück - ich weiß ja, wo ich den Händler finde. Im Internet ist das oft nicht so einfach." Gerade hier agierten auch Verkäufer unter falschen Namen oder loggen sich auf den Account anderer Leute ein.

Zwar fanden die Behörden das oft heraus, aber die entsprechenden Ermittlungen dauerten oft lang. "Wer glaubt, nach der Anzeigenerstattung bewegt sich gleich etwas, liegt in der Regel falsch", erläutert die Juristin. Denn ein Strafverfahren habe das Ziel, den Schädiger zu bestrafen. Wer sein Geld wiederholen will, müsse den Zivilrechtsweg beschreiten; dabei vergehe von einer Klage bis zu einer möglichen Vollstreckung viel Zeit. In vielen Fällen haben dann die Schuldner kein Geld mehr, weil sie gegenüber dem Gerichtsvollzieher bereits eine sogenannte Vermögensauskunft (früher eidesstattliche Versicherung) abgegeben haben. Die Rechtsanwältin rät deshalb zur Vorsicht und genauen Abwägen der Risiken bei Kauf und Verkauf im Internet. So sollte man wissen, wie der Vertragspartner heißt, wo er wohnt und gegebenenfalls die angegebene Telefonnummer überprüfen. Eine Klage bei nicht bezahlten Beträgen um die 100 Euro erachte sie, wegen der hohen anfallenden zusätzlichen Kosten, ohne Rechtsschutzversicherung als sinnlos; gerade dies nutzten schwarze Schafe aus, indem sie bei verschiedenen Geschäftspartnern Geld oder Lieferung schuldig bleiben.

Für viele der geschädigten Privatleute ist es kein Trost, Recht zu bekommen, wenn beim Schuldner nichts zu holen ist. "Man hat Ansprüche, aber die sind aufwendig durchzusetzen", sagt die Juristin. Onlinegeschäfte seien zwar Kaufverträge nach normalen Regeln, doch die Risiken sind nicht selten höher, weil der Vertragspartner oft weit weg wohnt und der Gerichtsort bei Widerspruch gegen einen Mahnbescheid immer der Wohnort des Beklagten ist. Dies macht die Sache nicht einfacher.

Dennoch stellt Jutta Brannaschk positiv fest: "Der größte Teil aller im Internet getätigten privaten Geschäfte verläuft reibungslos."

Die Dreistigkeit des Kunden hat mich geärgert.

Alexander Schmidt,

Online-Händler

Wer glaubt, nach der Anzeigenerstattung bewegt sich etwas, liegt in der Regel falsch.

Jutta Brannaschk,

Rechtsanwältin

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