Sechs Mal versperrten die Wände bereits die Sicht - drei Mal im Bereich der Verkehrspolizei Hof, drei Mal im Bereich Bayreuth. Sie kamen auch im Januar vor einem Jahr zum Einsatz, als sich ein besonders tragischer Unfall auf der A 9 bei Münchberg ereignete: Eine Familie verunglückte schwer und ihre vier Monate alte Tochter verstarb im Krankenhaus. Auch hier schützten die Zäune vor Sensationslust.
Zum letzten Mal standen sie im März 2018. Seitdem mussten sie nicht mehr aus ihrem Depot. Sie lagern in den Räumen der Autobahnmeisterei und beim Technischen Hilfswerk in Naila. Bei Bedarf werden sie angeliefert und aufgebaut. Das übernehmen die Mitarbeiter der Meisterei, und zwar innerhalb kürzester Zeit. Laut Thiemt liegt meist nur eine halbe Stunde zwischen Anruf und Einsatz der Zäune. Sie bestehen aus verschweißten Rohrrahmen und grauen Gewebe-Netzen. Der Aufwand für den Aufbau lohnt sich laut Thiemt durchaus. "Wenn der Einsatz drei Stunden dauert, fallen 30 Minuten nicht ins Gewicht." Die Verkehrspolizei wartet nicht ab, wie sich die Autofahrer verhalten, sondern fordert die Wände vorbeugend an. Sie reichen für eine Strecke von bis zu hundert Metern.
Die Arbeit hinter den Zäunen empfinden manche Helfer jedoch als gewöhnungsbedürftig, berichtet Thiemt und spricht von einem kuriosen Phänomen: "Objektiv erhöhen die Wände die Sicherheit der Einsatzkräfte, aber subjektiv empfinden manche das anders." Freie Sicht auf den Verkehr vermittle das Gefühl, bei Gefahr reagieren zu können, obwohl das bei den Geschwindigkeiten auf der Autobahn nicht möglich sei. "So schnell ist keiner." Das subjektive Unwohlsein wird seiner Meinung nach abnehmen, wenn die Wände zur Gewohnheit werden.
Alle Erfahrungen mit dem Sichtschutz haben Verkehrspolizei und Autobahnmeisterei dokumentiert und an das Bauministerium weitergeleitet. "Dort wird ein Bericht über die Pilotphase erstellt", heißt es aus der Pressestelle der Autobahndirektion. Das Ministerium müsse eben Kosten und Nutzen abwägen, weiß Horst Thiemt. Aber er ist zuversichtlich, dass die Wände in ganz Bayern zum Einsatz kommen könnten. Aus einem einfach Grund: "Sie wirken."