Naila - Zur bundesweiten Aktionswoche "Treffpunkt Bibliothek" hat Günther Lein in der Stadtbibliothek Naila Meisterstücke der deutschen Literatur gelesen. Der gebürtige Selbitzer Schauspieler, Musiker und Dichter hat zurzeit ein Engagement am Stadttheater Salzburg. Aus Wolfgang Borcherts Nachlass "Die traurigen Geranien" trug der 47-Jährige mehrere Kurzgeschichten vor, musikalisch umrahmt mit Stücken am Klavier, klassischer Gitarre und Akkordeon.

Nicht am Lesepult, sondern frei im Raum vor den Zuhörern stehend, rezitierte Günther Lein die Texte, die er ausgewählt hatte, mit entsprechender Gestik, Mimik und Sprachgestaltung. Zuerst stellte Günther Lein den Schriftsteller Wolfgang Borchert mit einigen Worten vor, teilte mit, dass dieser nur 26 Jahre alt geworden und den Zweiten Weltkrieg miterlebt hat; Borcherts Werke setzen sich mit dieser unseligen Zeit auseinander.

Disziplinierter Vortrag

Der Raum, lediglich vom Kerzenschein erhellt, hatte beinahe etwas Mystisches, stellte den Rezitator in den Mittelpunkt, der alles frei vortrug. Deutlich und diszipliniert im Vortrag zeigte sich Günther Lein, der vor jedem Wortbeitrag die Bedeutung und den Sinn zu erläutern versuchte. Lein begann mit Auszügen aus dem bekannten Heimkehrerdrama "Draußen vor der Tür" und der Kurzgeschichte "Der Stiftzahn oder Warum mein Vetter keine Rahmbonbon mehr isst", in dem sich auch humoristische Elemente finden ließen, obwohl der Schriftsteller Borchert sonst überwiegend das Leid der Kriegsopfer beschrieb.

Zur Überraschung des Publikums verteilte Günther Lein im Anschluss an diese Rezitation Rahmbonbons. Eine Eigenkomposition am Akkordeon, ein "Tango Bolero", folgte mit der musikalischen Sprache von Demut, Schmerz und Wut, passend zur damaligen Zeit des Schriftstellers Borchert, wie Lein anmerkte. Auch der Rezitation von "Das Ideal", einem Gedicht von Kurt Tucholsky über das Phänomen der Wunschvorstellung oder des Wachträumens in seinen verschiedenen Ausprägungen, lauschten die Zuhörer gebannt.

Zuvor hatte Günther Lein die Zuhörer dazu animiert, bei dem bekannten Song von Paul McCartney "With a little luck" mitzusingen; die Mehrheit der Zuhörer tat ihm den Gefallen. Nach dem gemeinsamen Üben und Einspielen einer Klavier-Improvisation stimmten sie auf das Zeichen des vielseitigen Selbitzers in den Song mit ein.

Zum Abschluss seines Vortrags trug Lein ein eigenes Gedicht mit dem Titel "Warnung vor dem Fortschritt" vor. Darin merkte Günther Lein an, dass er den Fortschritt nicht verteufeln wolle, Kühlschrank, Fernseher durchaus gebraucht würden, man sich aber Gedanken machen solle, wie man mit den Dingen wie Handy und Computer umgeht.