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Heute Abend wird Thorsten Schaumann die Filmtage eröffnen. Foto: Peter Fröhlich/Filmtage Quelle: Unbekannt

Heute beginnen die 52. Internationalen Hofer Filmtage. Der Leiter Thorsten Schaumann spricht über große Namen, neue Entdeckungen und einen Mangel auf Wikipedia.

 
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Herr Schaumann, den 52. Internationalen Hofer Filmtagen stehen Sie nun zum zweiten Mal als alleiniger künstlerischer Leiter vor. Der Status "der Neue" ist damit Geschichte. Wie fühlt sich das an?

Ich hoffe natürlich, dass ich nicht schon "Geschichte" bin ... Nein, Scherz beiseite. Wir stemmen dieses Festival gemeinsam mit dem Team, mit Förderern, Sponsoren und sowieso allen Hofern. Das macht Hof als Home of Films aus. Die erfahrene Unterstützung beeindruckt mich, und ich bin sehr dankbar dafür. Aber obwohl ich letztes Jahr das erste Mal als alleiniger künstlerischer Leiter die Hofer Filmtage übernehmen durfte, fühlt sich das dieses Jahr irgendwie mindestens genauso aufregend an.

Dem Online-Lexikon Wikipedia allerdings sind Sie noch immer unbekannt. Wurmt so etwas?

Das finde ich eher lustig - jetzt, wo Sie es sagen, schaue ich gleich nach. Einen Moment bitte - bei Wiki steht wirklich nix drin. Ich fange an, meine Existenz zu bezweifeln. Da muss ich mir nach dem Festival wohl selber einen Eintrag schreiben, wenn ich mal Zeit dafür habe ... oder auch nicht!

Die Hofer Filmtage starten am 23. Oktober 2018 mit "Glück ist was für Weicheier" von Anca Miruna Lazarescu. Warum dieser Film?

"Glück ist was für Weicheier" hat mich vom ersten Moment an in den Bann gezogen. Anca Miruna Lazarescu gelingt es, ein gesellschaftlich eher verdrängtes Thema wie den Verlust eines lieben Menschen auf sensible und leichte Art zu vermitteln. So ist der Film eine Hymne auf das Leben, die jeder im Kino teilen sollte.

Was wird uns die 52. Auflage des renommierten Hofer Filmfestivals außerdem bringen?

Filme, Filme, Filme, HoF PLUS und das Fußballspiel am Samstag!

Und worauf liegt Ihr besonderes Augenmerk?

Es sind die Neuentdeckungen - wir fangen bei den Kurzfilmen an. Neben unserer Auswahl zeigen wir dieses Jahr in Kooperation mit dem Karlovy Vary Filmfestival (KVIFF) und der EFP (European Film Promotion) sechs Kurzfilme, kuratiert vom KVIFF, in der Sektion FUTURE FRAMES. Des Weiteren haben wir viele tolle Erstlinge am Start und dann, ganz groß, die Retro mit Barbet Schroeder, einem der französischen Großmeister des internationalen Films. Für Hof hat er, erstmalig in Deutschland, Filme aus seinem Gesamtwerk ausgewählt - vom Interviewfilm bis zur Studioproduktion. Filmtagefans ist er bekannt, aber in diesem Überblick ist die Retro wirklich eine Neuentdeckung.

Der große Streit auf den Filmfestivals in dieser Zeit: Sollten Filme, die Streamingdienste wie Netflix herausbringen, dort auch gezeigt werden? Wie ist Ihre Position dazu?

Sie sprechen eine spannende Diskussion an, die maßgeblich durch die Auswirkung der Digitalisierung in der Filmwelt bestimmt wird, wie beispielsweise durch Abruf- und Streamingdienste. Wir leben im Jahr 2018, und da findet Kino an vielen verschiedenen Orten statt. Dem begegnen wir in Hof. Bereits im letzten Jahr hat sich die digitale Leihplattform IndieSwitch vorgestellt, wir haben den Auswertungsweg von Filmen diskutiert, und dieses Jahr gehen wir noch einen Schritt weiter. Bei Kino on Demand, das heißt Kino auf Abruf, können unter der vertrauten Marke Home of Films aus einer kleinen, aber stetig wachsenden Selektion Filme von vergangenen Filmtagen digital ausgeliehen werden. Wir bieten damit Filmemachern eine verlängerte Festivalplattform, um Zuschauer zu erreichen, die die Filme noch einmal schauen möchten, nicht sehen konnten oder nicht zwingend ins Kino gehen. Das ist das Leihmodell, das im Endeffekt einen Kinobesuch digital darstellt. Reine Streamingdienste wie Netflix und Amazon haben den Markt primär mit Serien aufgerollt und verlängern ihr Angebot hin zum Film. Der Abonnent wählt aus Tausenden von Inhalten, die in Teilen sehr hochwertig sind, aus, was er sehen möchte. Die Kombination Filmmasse und niedriger Preis stellt für mich eines der Kernprobleme bei Streamingdiensten dar. Kino ist Premium, keine Masse - der Zuschauer wählt bewusst einen Film, den er schaut und für den er bezahlt.

Wird im Film-Festival-Sektor die Konkurrenz ebenfalls härter - wie in so vielen Bereichen unseres globalisierten Lebens?

Wie heißt es so schön: Konkurrenz belebt das Geschäft. In der Tat gibt es mittlerweile so viele Film-Festivals, dass der Überblick verloren zu gehen droht. Die Internationalen Hofer Filmtage sind eines der ältesten Festivals in Deutschland und haben so viele Talente hervorgebracht wie kaum eine andere Veranstaltung seiner Art. Damit gilt Hof als das Festival für Neuentdeckungen. Natürlich ruhen wir uns darauf nicht aus und entwickeln die Idee vom Home of Films stetig weiter, zum Beispiel durch das Rahmenprogramm HoF PLUS mit Paneldiskussionen und vielem mehr. Fokus ist und bleibt dabei natürlich der Kinofilm!

Bei den in Hof gezeigten Filmen sind große Darsteller-Namen zu lesen: Cathérine Deneuve, Elle Fanning, Greta Scacchi oder Sir Michael Caine - wird man davon vielleicht sogar jemanden in Hof erwarten dürfen?

Die Hofer Filmtage sind von Filmemachern gegründet. Sie stehen im Zentrum des Geschehens. Film ist gleichzeitig Teamarbeit, und wir lieben Schauspieler. Jedoch ist es primär nicht Aufgabe der Filmtage, die großen Schauspielstars über einen roten Teppich laufen zu lassen. Jeder, der kommt, ist selbstverständlich ein willkommener Gast. Mit unseren finanziellen Ressourcen fokussieren wir uns jedoch auf die Neuentdeckungen oder aber Etablierte in Projekten, die überraschen. Ich sage nur - es lohnt sich, die Augen offenzuhalten, wenn das Talent von heute und morgen in Hof unterwegs ist. Und da rede ich nicht nur von Katja Riemann oder Katharina Wackernagel . . .

Und wer wird (noch) so alles kommen?

Lassen Sie sich überraschen. Ich nenne nur ein paar Namen: Hans-Christian Schmid, Filmpreisträger der Stadt Hof 2001, diesmal als Produzent und nicht als Regisseur, die Schauspieler Rainer Bock, Max Riemelt, Karoline Schuch, ihr Bruder Albecht Schuch, Katharina Marie Schubert, auch Filmpreisträgerin der Stadt Hof 2015, und viele junge Talente wie die Hauptdarstellerin des Eröffnungsfilms, die 14-jährige Ella Frey, die schon in Filmen wie "Das Tagebuch der Anne Frank", "Hirngespinster" und "Auf Augenhöhe" tragende Rollen gespielt hat.

Das Gespräch führte Thoralf Lange

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