Hüftgold: Genau mit dem Genre befassen
Der 47-jährige Hesse, der eigentlich Matthias Distel heißt, weiß, wovon er redet. Mit seiner Plattenfirma "Summerfield Records" ist er für zahlreiche Ballermann-Hits verantwortlich. Eine Auswahl: "Johnny Däpp" ("Scheiß auf den Job, scheiß auf mein Geld... Ich will Malle zurück."), "Layla" ("Sie ist schöner, jünger, geiler") oder "Bumsbar" ("Heute sind wir wieder bumsbar. Geile Mädels, geile Jungs da.").
In diesem Jahr geht "Oberteil" von Isi Glück und Marc Eggers in das Rennen um den Hit der Saison, auch dahinter stecken Hüftgold und sein Team. Woher kommt sein Gespür für Hits? "Das liegt daran, dass wir uns 24 Stunden mit dem Genre befassen und die musikalischen Trends einfließen lassen, die es immer wieder gibt. Und das kann eine KI auch nicht."
In der Tat: Bei vielen Partysongs fließen Social-Media-Sprüche oder kreative Anleihen aus der Comedy ein. Bestes Beispiel ist die fast schon poetische Doppeldeutigkeit: "Ich überleg', mit dem Saufen aufzuhören. Aber ich schwanke noch." Aus diesem Satz des Kölner Kabarettisten Dave Davis formte Hüftgold einen ganzen Song ("Ich schwanke noch").
Auch Mickie Krause ("Nie mehr Alkohol - freie Getränke") ist bekannt für freche und kreative Textzeilen à la: "Geh mal Bier holen, du wirst schon wieder hässlich." Solche Ballermann-Bonmots fehlen auf dem KI-Album, das sich eher nach einer wahllosen Anreihung von Mallorca-spezifischen Begriffen anhört. Beim Wording und der Ironie sei man der KI "momentan noch meilenweit voraus", erklärt Produzent, Komponist und Sänger Hüftgold.
KI findet Einsatz in der Musikproduktion
Laut Bundesverband Musikindustrie, der nach eigenen Angaben rund 200 Musikfirmen in Deutschland vertritt, wird die Künstliche Intelligenz in der Branche schon jetzt gehäuft eingesetzt, etwa bei der Musikproduktion. "Hier unterstützt die Technologie menschliches kreatives Schaffen als Werkzeug, kann es fördern und damit spannende Dimensionen der Kunst eröffnen", erklärt der Vorstandsvorsitzende Florian Drücke.
"In diesem Bereich liegen sehr viele neue Chancen, aber es braucht im Sinne einer auch wirtschaftlich tragfähigen Zukunft für die Kreativen und ihre Partner möglichst klare Vorgaben durch den Gesetzgeber."
Mit juristischen Fragen rund um die KI, etwa beim Urheberrecht, werden sich künftig auch die Ballermann-Produzenten verstärkt auseinandersetzen müssen. Hüftgold sieht auf lange Sicht sogar die Möglichkeit einer echten Konkurrenz. "Die KI wird natürlich weiter dazulernen. Es wird irgendwann der erste KI-Hit folgen, weil er so zufällig dumm zusammengewürfelt wurde, dass er dann doch funktioniert. Das wird alles passieren."
Bis dahin werden die Sauftouristen auf Mallorca weiter Songtexte mitgrölen, die auf menschlicher Intelligenz basieren. Wie beim aus zufällig ausgewählten Worten zusammengewürfelten Hit "Delfin" (Honk & Isi Glück) - ebenfalls aus der Hüftgold'schen Feder: "Ich hab’ einen Delfin in meiner Bauchtasche. Und mein Pferd, wenn ich nicht aufpasse. Frisst dem Delfin aus meiner Bauchtasche seine Suppe weg. Er ist 'n Schluckspecht."