Japanische Forscher haben außerdem in einer Auswertung des weltweit verfügbaren Studienmaterials herausgefunden, dass neben den Bisphenolen auch Perfluoroctansäure (PFOA) „eine konsistente Rolle als künstlicher Dickmacher“ spielt. Sie wird etwa eingesetzt, um Kochgeschirr oder Lebensmittelverpackungen wasser- und ölabweisend zu machen. Doch im Körper mischt sie sich gerne in die Arbeiten der Schilddrüse ein. Menschen mit sehr hohen PFOA-Werten leiden etwa doppelt so oft unter einer Schilddrüsenunterfunktion, so dass weniger Stoffwechsel aktivierende Hormone gebildet werden – und das mündet bekanntlich schnell im Übergewicht.
Die Substanzen gehen vom Plastik auf das Essen über
Blieben die Substanzen alle im Plastik, also den Verpackungen und Einweggefäßen für Fertigessen, wäre das alles kein Problem. Aber das ist nicht so. „Die Chemikalien sind nicht fest im Material gebunden und können auslaugen, also in die verpackten Lebensmittel übergehen“, erklärt Martin Wagner. Verstärkt wird sie durch die Konsistenz des Nahrungsmittels, etwa durch ihren Säure- oder Fettgehalt. Und auch die Temperatur spielt eine große Rolle. „Jeder, der einmal eine Plastikflasche im heißen Auto hat liegen lassen, kann das schmecken“, so Wagner. In Gestalt eines chemisch-fruchtigen Geschmacks, der durch das verstärkte Auslaugen von Acetaldehyd entsteht. Das allerdings, so der Umwelttoxikologe weiter, sei zwar ein „süßliches Fehlaroma“, doch gesundheitsschädlich sei es nicht.
Problematischer sind da schon die beliebten Coffee-to-go-Becher. Sie sind innen mit einer wasserabweichenden Beschichtung aus poly- oder perfluoridierten Chemikalien versehen, die – ähnlich wie Bisphenol A – zu den hormonaktiven Substanzen gehören. Mittlerweile gibt es zwar schon Becher aus so genanntem Bio- oder Bambusplastik. Doch Wagner warnt, dass wir bislang „über deren tatsächliche Sicherheit und Nachhaltigkeit nur unzureichende wissenschaftliche Erkenntnisse haben“. Der gute alte Keramik- oder Edelstahlbecher sei da die weitaus bessere Alternative.
Hinweise auf bedenkliche Stoff am Becherboden
Weitere Möglichkeiten, um seinen Kontakt zu den künstlichen Dickmachern zu verringern: Statt Plastikteller und Trinkhalme nur noch Mehrweggeschirr nutzen, Obst und Gemüse nur noch lose einkaufen, das Speiseeis in der Waffel bestellen statt im Plastikbecher. Und wenn die Lebensmittelverpackung schon unvermeidlich ist, sollte man wenigstens darauf achten, dass auf ihr – im sogenannten Recycling-Dreieck auf dem Boden – nicht die Nummern 3 (PVC), 6 (Polystyren) und 7 (andere Kunststoffe) aufgedruckt sind. Denn die könnten, warnt Wagner, „bedenkliche Chemikalien freisetzen“.
Die Plastikproduktion ist explodiert
Verbrauch
Seit den 1950er Jahren hat sich die weltweite Plastikproduktion um das 230-fache erhöht, sie liegt bei etwa 460 Millionen Tonnen jährlich. Die Menge an Plastikmüll, die jedes Jahr anfällt, beträgt 353 Millionen Tonnen. Jeder Mensch eines Industrie- oder Schwellenlandes verbraucht in Durchschnitt 156 Kilogramm Kunststoff pro Jahr. Laut einem Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) werden nur neun Prozent des Plastikmülls weltweit recycelt.
Abkommen
Im Februar dieses Jahres brachte die UN ein Abkommen zur Bekämpfung der globalen Plastikmüllflut auf den Weg. Die Vereinbarung soll spätestens Ende 2024 rechtsverbindlich werden