Rallye Action mit Oldtimer

Alisa Schrauth
Hohe Konzentration auf der Rallye: links Thomas Linhardt, rechts Peter Krieglstein. Foto: privat

Beifahrer Thomas Linhardt bringt sich zusammen mit seinem Fahrer beim Olympia-Revival auf Platz eins. Mit einer Sonntagsfahrt haben Oldtimer-Rallyes wenig zu tun. Was macht die Faszination aus?

 
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Die gemächlich vorbeiziehende Landschaft betrachten, die Augen entspannt schweifen lassen, leicht lächelnd die Fahrt genießen und leichte Konversation betreiben – das alles gibt es bei einer Oldtimer-Rallye nicht. Fahrer und Beifahrer sind hochkonzentriert, diskutieren teilweise hitzig über Zeiten und optimale Strecken, im Mercedes, Baujahr 1971, ist es ohne Klimaanlage stickig – Zeit für die vorbeiziehende Landschaft hat da keiner. Die Neuauflage der Olympia 72-Rallye zu Ehren des 50-jährigen Jubiläums hat es Anfang August in sich: Dem Fahrer Peter Krieglsteiner und seinem Beifahrer Thomas Linhardt rauchen während der sechs Etappen einmal quer durch Deutschland die Köpfe. Am Ende manövrieren die beiden ihren Oldtimer auf Platz eins in ihrer Klasse.

Thomas Linhardt ist Motorsportler „mit Fleisch und Blut.“ Der Münchberger IT-Unternehmer stieg schon früh in Sportwagen, für schnelle Slaloms und klassische Rallyes auf Bestzeit. Mit 60 will er von bloßer Schnelligkeit nichts mehr wissen – heute reizen ihn Sachverstand und Gefühl bei den Oldtimer-Wettbewerben. Mit gemächlichen Fahrten haben die dennoch wenig zu tun: Als Beifahrer ist Linhardt ständig am rechnen, diskutieren, in Karten blättern, Bordmittel präparieren – und das alles möglichst schnell. „Die Strecke war technisch sehr herausfordernd. Umsomehr freue ich mich über den Klassensieg.“

Mit dem ungeliebten Schiff zum Sieg

Was machte die Revival-Rallye so herausfordernd? Thomas Linhardt erklärt, dass die Veranstalter drei Prüfungen kombinierten. Sollzeit, Gleichmäßigkeit und Orientierung. Sollzeit-Prüfungen bedeuten, dass auf einer Strecke eine vorgegebene Zeit gefahren werden muss, und das im Idealfall auf die Hundertstel Sekunde genau. Bei Gleichmäßigkeitsprüfungen müssen die Fahrer die Strecke mit einer Schnitt-Geschwindigkeit absolvieren. Bei der in Süddeutschland eher unüblichen Orientierungsprüfung müssen die Fahrer anhand von Kartenausschnitten die genau vorgegebene Route finden.

„Die Gleichmäßigkeitsübung mussten wir weitgehend nach einer Kartenskizze, statt wie üblich mit einem genauen Roadbook, fahren. Und die Karten haben wir erst kurz vor dem Start ins Auto gereicht bekommen.“ Dazu dann streckenweise Sollzeitprüfungen. Ihr Auto, ein Mercedes Benz 280 SE 3.5 ist bei Linhardt unbeliebt – „viel zu groß und unhandlich für die Rallye“. Eigentlich wollten die beiden mit einem Porsche fahren, der hat ihnen aber technisch einen Strich durch die Rechnung gemacht. „Das ungeliebte Schiff“ hat sich dann aber als erfolgreich und bequemer herausgestellt. Die beiden holen den Sieg in der Klasse drei, Oldtimer mit dem Baujahr zwischen 1950 und 1972.

Thomas Linhardt und Peter Krieglsteiner kennen sich schon lange – auch vom Motorsport. „Peter ist, wie ich früher auch, schnelle Rallyes gefahren.“ Heute ist der 79-jährige Krieglsteiner im Ruhestand. „Er fährt jeden Tag 50 Kilometer mit dem Rad, um sich fit zu halten. Es ist unglaublich, er hat einen eisernen Willen“, sagt Linhardt über den ehemaligen Chefarzt. Zusammen für die Rallye trainiert haben die beiden nicht. Zeitgründe.

Stars zum Anfassen

Eine ganz besondere Etappe auf der Olympia-Rallye war die mit dem Ziel am Jahn Stadion in Regensburg. „Da ist meine Familie gekommen, das war echt toll!“ erzählt Thomas Linhardt. Dort war auch Walter Röhrl, Rennfahrerlegende, mehrfacher Rallye-Weltmeister und gebürtiger Regensburger. Bei der Rallye 1972 ist er kurz vor dem Ziel in Führung liegend mit technischem Defekt ausgeschieden. Jedoch hat diese Veranstaltung sein Leben verändert. Linhardts kleiner Sohn konnte vom großen Idol Autogramm und Foto abstauben. „Das war wirklich besonders.“ Linhardt selbst bekam beim ehemaligen finnischen Motorsportler Rauno Aaltonen Gänsehaut. „Und der ehemalige Rennfahrer und Formel-1-Teamchef Jean Todt war am Ziel in München aus Kalifornien zugeschaltet“ freut er sich.

Rallye im Wandel

Peter Krieglsteiner ist vor 50 Jahren auch schon bei der Olympia-Rallye mitgefahren, mit einer Handvoll anderer Piloten, die dieses Jahr wieder dabei waren. Krieglsteiner war allerdings der Einzige, der bei der neuen Auflage eine Platzierung erreichte. Junge Leute sind bei Oldtimer-Rennen weniger am Start. Trotzdem ist die Szene im Wandel: Die Rallye war laut Veranstalter klimaneutral – es wurden Bäume zum Ausgleich gepflanzt. Zudem wurden Spenden an gemeinnützige Organisationen verteilt. Für den Klassensieg haben die beiden Bobbycars bekommen, die Linhardt einem Münchberger Kindergarten übergeben hat.

Auch sein eigener Sohn schnuppert bereits Motoren-Luft, fährt Go-Kart. Linhardt selbst juckt es auch immer in den Fingern, wieder in den Fahrersitz zu steigen. „Mindestens einmal im Jahr fahre ich selbst. Das brauche ich auch irgendwie.“ Ein bisschen bereue er, das Hobby nie zum Beruf gemacht zu haben. Studiert hat er Informatik, später in Münchberg ein IT-Unternehmen gegründet. Doch geschraubt, getüftelt und gebastelt hat er immer gerne. Sein eigener Vater arbeitete in einem Autohaus, dort fing alles an. Später bewunderte er den Münchberger Slalom-und Rallye-Fahrer Gerhard Süß. Es entwickelte sich eine Freundschaft zwischen den beiden und er wurde sein Beifahrer. Doch die Firma gründete sich nunmal nicht von alleine, und Linhardt steckte immer mehr Zeit in sein Unternehmen und zog sich Mitte der Neunziger immer weiter aus dem Motorsport zurück. Bei der ersten Rallye, die Gerhard Süß ohne Linhardt neben sich absolvierte, verunglückte dieser tödlich. „Das verfolgt mich noch heute.“

Wer rastet, der rostet – oder?

Dass Motorsport ein gefährlicher Sport ist, weiß der 60-Jährige genau. Trotzdem kann er es nicht lassen. „Ich würde gerne mehr fahren, aber mir fehlt die Zeit.“ Parallelen zu seinem Informatiker-Dasein sind erkennbar: Tüfteln, ständig nachdenken, sich ständig weiterentwickeln. „Sonst fährt man hinterher – das ist wie im Job.“ Und genau das ist es, was ihn noch immer antreibt. Es geht bei Rallyes – egal ob Oldtimer oder nicht – um mehr als „nur schnell fahren.“

Die meiste Arbeit laufe im Hintergrund. Und bei den Oldtimern passt das um so mehr, denn „das sind noch gescheite Autos“ – nicht tüfteln ist da keine Option. Und so tüfteln Linhardt und Krieglsteiner weiter: Im kommenden Jahr wollen sie wieder auf die Piste.

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