Reform Hausärzte dürfen wieder Badekur verschreiben

Sören Göpel
Unser Archivfoto zeigt die Therme Bad Steben bei Nacht. Foto: Feldrapp

Die bayerischen Heil- und Kurorte atmen auf: die ambulante Badekur kommt zurück. Das ist in diesen schweren Zeiten eine fast schon heilsbringende Botschaft.

 
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Bad Steben - Diese Nachricht ist für die Heilbäder in Bayern ein echter Lichtblick und derzeit eine der seltenen positiven Nachrichten: Die ambulante Kur kommt zurück. Sie soll endlich wieder zur Kassenleistung werden. Das geht aus einer gemeinsamen Erklärung aller 47 Heil- und Kurbäder hervor.

Bis zur Gesundheitsreform 1996 konnte ein Hausarzt einem Patienten eine Badekur über mehrere Wochen verschreiben. Die Kosten für die vom Kurarzt verordneten Behandlungen übernahm die Krankenkasse. Der Patient erhielt einen fixen Zuschuss für die Unterbringung und musste den übersteigenden Betrag selbst zahlen, wenn er beispielsweise komfortabler wohnen wollte. Im Zuge der seinerzeitigen drastischen Sparmaßnahmen, deren medizinischer nutzen stets umstritten war, war damit Schluss. Ein harter Schlag für die Kurorte, denen dadurch viele Gäste abgingen. Wie viele, das zeigt das Beispiel Bad Rodach. „Wir hatten damals rund 150000 Kurgäste pro Jahr, die auf der Grundlage von Leistungen gesetzlicher Krankenkassen in unsere Therme kamen. Heute sind es vielleicht 3000 oder 4000“, berichtet Bürgermeister Tobias Ehrlicher.

Doch die Badekur soll jetzt wieder Kassenleistung werden. Das Bundeskabinett hat ein entsprechendes Gesetz beschlossen. Darin heißt es wörtlich: „Ambulante und stationäre Vorsorgeleistungen in anerkannten Kurorten werden von Ermessens- in Pflichtleistungen umgewandelt.“ Bayerns Kurorte sprechen von einem Weihnachtsgeschenk. Gerade in der Corona-Pandemie sei diese Entscheidung ein Lichtblick, sagt Alois Brundobler, aktuell Vorsitzender aller 47 bayerischen Heil- und Kurbäder. „Bayerns Kurorte sind nach der Reform mehr und mehr zu Tourismusorten geworden. Das Alleinstellungsmerkmal des ortsspezifischen Heilmittels ist in den Hintergrund getreten. Darum bin ich sehr dankbar, dass es jetzt eine Änderung gibt und dass die Menschen vom Gesundheitsangebot wieder mehr Kenntnis erlangen“, freut sich Brundobler, der bis April 2020 Bürgermeister von Bad Füssing gewesen ist.

Auch Bad Steben war eines der Bäder, für die bis in die 1990er-Jahre diese Art der Gesundheitsvorsorge ein wichtiges wirtschaftliches Standbein war. „Gerade unsere privaten Anbieter im Bereich der Hotels und Pensionen konnten in diesem Bereich wesentliche Teile ihrer Umsätze erzielen“, sagt Bad Stebens Bürgermeister Bert Horn. Auch in den meisten anderen Bayerischen Kurorten habe die vom Arzt verschriebene Kur für einen erheblichen Teil der Gäste gesorgt. Nach der Reform mussten diese Orte lernen, neue Schwerpunkte zu setzen, was in Bad Steben dazu geführt habe, dass die Therme mit ihren Wellness-Angeboten für den privaten Vermietungssektor mehr und mehr in den Focus gerückt sei.

Durch die neue Situation ist nach Ansicht der Verantwortlichen in den Kurorten von einem riesigen Vorteil für viele Patienten auszugehen. Patienten könnten nun eine Präventionsmaßnahme wahrnehmen, ohne dafür in eine Klinik gehen zu müssen. „Mit dieser Gesetzesänderung können wir unsere Bad Stebener Heilmittel wie zum Beispiel die beiden kohlensäure- bzw.- radonhaltigen Heilquellen wieder wesentlich besser zur Geltung bringen. Wir haben nun die Möglichkeit, uns mit der vollen Gesundheitskompetenz sowie der ganzen Erfahrung unseres traditionsreichen Kurortes am Markt einzubringen“, stellt Horn fest.

Das neue Gesetz bedarf noch der Zustimmung des Bundesrates und soll voraussichtlich in der ersten Jahreshälfte 2021 in Kraft treten. Doch egal wie sich die neue Regelung auswirken wird, für Horn ist eines klar: „Selbst wenn die Badekur wieder von der Kasse bezahlt wird, dürfen wir uns in Bad Steben nicht zurücklehnen und nur auf die Wiederbelebung alter Zeiten hoffen.“ Es gelte weiter immer wieder auf Trends zu achten und auf die Nachfrage der potenziellen Kundschaft einzugehen. red

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