Regionalsport "An dem Gerücht ist nichts dran"

Beim Eishockey-Oberligisten VER Selb geben sich trotz der Corona-Krise die Neuzugänge die Klinke in die Hand. Vorsitzender Jürgen Golly relativiert aber. Auch habe der Verein - bislang - nicht von einem 90-Millionen-Gewinn eines jungen Mannes aus der Region beim Eurojackpot profitiert.

 
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Herr Golly, ist die Corona-Pandemie am VER Selb etwa spurlos vorbeigegangen?

Böser Sturz mit Mountainbike

Drei Wochen Aufenthalt im Klikum Fichtelgebirge in Marktredwitz und der Atos Klinik in München, vier Wochen Reha in Thiersee (Tirol): Hinter Thomas Manzei liegen harte Wochen. Bei einem Sturz mit dem Mountainbike am Ochsenkopf hatte sich der zweite Vorsitzende des VER Selb schwerste Schulterverletzungen zugezogen. "Da war alles kaputt und zertrümmert", erzählt Manzei, der eine Schulterprothese eingesetzt bekommen hat und mittlerweile seit knapp zwei Wochen zuhause ist. "Die Schmerzen haben nachgelassen. Es geht wieder richtig aufwärts", sagt Manzei, der aber noch ein bis zwei Wochen auf das Auto fahren verzichten muss. Nicht verzichten musste er auf die Mitarbeit bei der bereits im März so gut wie abgeschlossenen Kaderplanung der Wölfe. Schon unmittelbar nach Ende der Saison hatte Manzei angekündigt, dass das "Holiday on ice" beim VER vorbei sein werde. "Die Zügel werden unter Trainer Herbert Hohenberger wieder angezogen." A.P.

VER-Kaderplanung 2020/21

Tor: Michel Weidekamp (22 Jahre), Florian Mnich (20), Max Licht (17).

Abwehr: Florian Ondruschka (33), Lukas Slavetinsky (39), Felix Linden (26), Ben Böhringer (24), Henry Hoffmann (22), Mauriz Silbermann (19), Jan Wenisch (20)

Angriff: Carl Zimmermann (21), Dennis Schiener (29), Landon Gare (41), Herbert Geisberger (35), Maximilian Hirschberger (20), Lukas Klughardt (20), Brad Snetsinger (33), Nicholas Miglio (28), Jan Hammerbauer (24), Steven Deeg (27), Richard Gelke (28)

Noch offen: Max Gimmel, Daniel Worotnikow (beide eigene Junioren)

Neuzugänge: Herbert Geisberger (Blue Devils Weiden), Brad Snetsinger (ECDC Memmingen Indians), Nicholas Miglio (Saale Bulls Halle), Jan Hammerbauer (EV Lindau Islanders), Steven Deeg (ECDC Memmingen Indians), Felix Linden (Starbulls Rosenheim), Lukas Slavetinsky (ERC Sonthofen Bulls), Henry Hoffmann (University of Central Oklahoma/USA), Michel Weidekamp (Saale Bulls Halle), Max Licht (Okanagan Hockey Academy/England)

Abgänge: Niklas Deske (Deggendorfer SC), Ian McDonald, Kenny Turner, Manuel Kümpel (alle Karriere beendet), Dominik Müller, Marius Schmidt (beide Blue Devils Weiden), Dominik Kolb (Starbulls Rosenheim), Steven Bär (Saale Bulls Halle), Christoph Kabitzky (Hannover Scorpions), Pavel Pisarik (EHF Passau), Timon Bätge (ERSC Amberg), Leon Kremer (Ziel unbekannt).

Wie kommen Sie da drauf?

Weil der Kader für die neue Saison mit den zahlreichen Neuzugängen bereits richtig gut, sogar besser als im Vorjahr, aufgestellt scheint.

Was heißt gut aufgestellt? Wir haben die Abgänge ersetzt - und da waren einige richtig namhafte dabei, die auch ihr Geld verdient haben. Wir brauchen ja ein paar Leute zum Spielen.

Dennoch: Es ist immer wieder zu hören, dass der VER "ganz schön eingekauft" hat in diesen Corona-Zeiten.

Ob Sie es glauben oder nicht: Unser Kader stand bereits Anfang März. Da haben nur noch manche Unterschriften auf die Verträge gefehlt. Aber alles war bereits ausgehandelt und vorbesprochen. Völlig überraschend auch für uns war nur noch Henry Hoffmann als Neuzugang.

Das heißt, die Corona-Pandemie hat während der Kaderplanung noch gar keine Rolle gespielt?

Richtig. Aber wenn wir damals schon gewusst hätten, wie sich das entwickelt, würden wir es jetzt vielleicht ein bisschen anders machen.

So groß wie in diesem Jahr war der Kader schon lange nicht mehr, oder?

Da sind auch sehr viele junge Leute dabei. Und das ist gut so. Die Jungs brauchen wir, da unser Trainer mit vier Reihen spielen will. Da reichen selbst zwölf Stürmer nicht, weil immer wieder mal einer verletzt oder gesperrt ist.

Ist der Kader mittlerweile bereits komplett oder dürfen die Fans weitere Zugänge erwarten?

Wir haben noch Bedarf in der Verteidigung. Es werden also noch ein paar Spieler dazustoßen. Da haben wir aber auch noch den Jugendpool.

Benötigt der VER dann überhaupt noch einen Kooperationspartner zwecks Förderlizenzspielern?

Wir setzen in erster Linie auf eigene Spieler. Wir haben über dieses Thema aber auch noch nicht konkret gesprochen mit unserem Trainer. Da ist also noch alles offen.

Wie sieht es mit der sportlichen Zielsetzung für die Saison 2020/21 aus?

Es ist ja kein Geheimnis, dass wir besser abschneiden wollen als vergangene Saison. Wir holen diese Leute nicht, um Achter zu werden. Wir wollen um Platz vier mitspielen.

Kommen wir zum Finanziellen: Ist der Etat für die kommende Saison höher, gleich oder niedriger als in den vergangenen Jahren?

Er ist im wesentlichen gleich geblieben.

Können Sie uns auch eine Summe nennen?

Der Etat für den Spielbetrieb der ersten Mannschaft - dazu zählen auch Trainer, Fahrtkosten, Berufsgenossenschaft und Material - beläuft sich auf rund 800.000 Euro.

Das heißt auch, die Sponsoren sind dem VER trotz der Corona-Krise treu geblieben?

Wir haben Anfang Juli mit den Gesprächen begonnen. Zuvor wussten wir und unsere Partner ja selbst nicht, wo es langgeht. Die Signale sind überwiegend positiv. Es sind fast alle Sponsoren bereit, uns weiterhin zu unterstützen.

Es wird also zumindest von dieser Seite keine Einbußen geben?

Wie gesagt, die Grundtendenz ist positiv. Es wird auch ein oder zwei Ausfälle geben, aber Stand heute sind wir noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen. Endgültig werden wir das aber erst in zwei Monaten sagen können.

Was in sozialen Medien und an Stammtischen seit Wochen ein Thema ist: Der VER Selb soll vom 90-Millionen-Jackpot-Gewinn eines jungen Mannes aus der Region profitiert haben. Ist da etwas Wahres dran?

Nein, da ist nichts dran. Es ist ein absolutes Gerücht - noch dazu ein falsches. Ich kenne diesen Mann nicht, und er hat sich auch bei mir nicht gemeldet. Schade. Aber was nicht ist, kann ja noch werden (lacht).

Haben Sie auch noch Hoffnung auf Gelder aus dem Hilfspaket des Bundes, das zumindest für Profiligen den wegen Corona sehr wahrscheinlichen Ausfall von Zuschauereinnahmen auffangen soll.

Das Hilfspaket gilt im Eishockey nach wie vor nur für die DEL und DEL2. Aber der für die Oberligen zuständige Deutsche Eishockey-Bund ist mit der Politik in Verhandlungen. Der Ausgang ist völlig offen.

Wie sieht es eigentlich bei den Spielerverträgen aus. In der DEL zum Beispiel müssen die Spieler vorerst auf 25 Prozent ihres Gehalts verzichten. Das Geld soll eingefroren werden und - falls möglich - am Ende der neuen Saison ausgezahlt werden. Ist das beim VER Selb ähnlich?

Nein. Wir haben aber auch andere Voraussetzungen. Wenn ein DEL-Spieler 120 000 Euro pro Saison verdient und auf 25 Prozent verzichten soll, kann er immer noch davon leben. Wenn jemand nur 1500 Euro im Monat verdient, wird das schon eng.

Es gibt also keine Corona-Zusatzvereinbarung bei den Verträgen?

Doch, wir haben verschiedene Vereinbarungen, die Spieler und Trainer unterschrieben haben, wenn die Saison später beginnt, abgebrochen wird oder ganz ausfällt. Diese Regelungen sind aber nicht ganz so einfach und auch nichts für die Öffentlichkeit.

Einige Vereine haben bereits den Dauerkartenverkauf gestartet. Wie sieht es in dieser Beziehung beim VER aus?

Es ist noch nichts Konkretes geregelt, wie das heuer wird mit Dauerkarten, Einzelkarten oder Tickets an der Abendkasse abläuft. So wie es jetzt aussieht mit den Corona-Infektionszahlen, gäbe es sehr wahrscheinlich Spiele mit Zuschauern. Aber in welchem Umfang? Sicher ist, dass es Einschränkungen geben wird.

Wie werden diese aussehen?

Es wird personalisierte Tickets geben. Die Zuschauer müssen neben der Eintrittskarte dann wohl auch ihren Ausweis vorzeigen. Die Karte weitergeben, geht also nicht. Wir müssen wissen, wer im Stadion ist.

Wieviele Zuschauer, hoffen Sie, dürfen zum geplanten Saisonstart ab 16. Oktober in die Netzsch-Arena?

Wenn wir 1500 reinlassen dürfen, wäre ich hochzufrieden. 1800 wäre super. Vielleicht werden es aber auch nur 800. Jetzt müssen wir erst einmal das 80-seitige Hygienekonzept des DEB studieren und besprechen. Was ist davon anwendbar und umsetzbar für uns? Dann werden wir an die Stadt Selb und das Gesundheitsamt herantreten.

Bis Mittwoch war fraglich, ob die Bietigheim Steelers in der DEL 2 antreten dürfen. Für diesen möglichen freien Platz in der 2. Liga hatten sich nach Medieninformationen unter anderem Rosenheim, Riessersee und Herne ins Gespräch gebracht. Hätte auch der VER Selb Interesse gehabt, am Grünen Tisch aufzusteigen?

Für diesen einen freien Platz hätten wir uns nicht beworben.

Gibt es eigentlich schon einen Termin für die Jahreshauptversammlung?

Die wird voraussichtlich Anfang September stattfinden.

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