Schutzmaßnahmen und Verhalten bei Lawinen Warnung vor Lawinengefahr in Tirol

Markus Brauer

Skifahren, Snowboarden, Tourengehen: Wintersport abseits der Pisten wird immer beliebter. Doch hinter dem unvernünftigen Vergnügen lauert oft der weiße Tod. Jährlich verunglücken zahlreiche Menschen aufgrund von Lawinen.

 
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Der Rettungshund „Yolo“ gräbt im schweierzischen Les Diableretsnach einem Opfer während einer Lawinenübung. Foto: Keystone/dpa/Valentin Flauraud

Zu Beginn der Ferien mit vielen Ski-Urlaubsgästen besteht im österreichischen Bundesland Tirol teils große Lawinengefahr. Oberhalb von 1800 Metern galt am Samstag (23. Dezember) gebietsweise die Lawinengefahrenstufe 4 von fünf Stufen insgesamt. Die Lawinenverhältnisse seien für Touren und Variantenabfahrten abseits gesicherter Pisten teilweise kritisch, teilt der Warndienst mit.

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Grund seien viel Neuschnee und stürmische Winde. Sie hätten Triebschneeansammlungen verursacht, die oberhalb der Waldgrenze störanfällig seien. Die Gefahrenstellen seien bei schlechter Sicht kaum zu erkennen, teilt der Warndienst weiter mit. An steilen Grashängen unterhalb von 2400 Metern bestehe "ausgeprägte Gefahr" von Gleitschneelawinen. Der Warndienst geht aber davon aus, dass die Gefahr mit dem Ende der intensiven Schneefälle allmählich abnimmt.

Lawinengefahr: Der weiße Tod

Für Skifahrer und Snowboarder bedeuten Lawinen ein enormes Risiko. Für viele ist Off-Pisten-Fahren – das sogenannte Freeriden (von englisch: „free“, frei und „ride“, fahren) – der ultimative Wintersport-Kick. Skifahren und Snowboarden durch unberührten Schnee, abseits der kontrollierten, markierten und präparierten Skipisten wird immer beliebter.

Schutzmaßnahmen

Nach Aussage von Experten könnte jeder zweite Lawinenunfall in den Alpen vermieden werden. Die meisten Lawinenabgänge sind von Ski- und Snowboardfahrern selbst verschuldet. Die Gefahren abseits der Skipisten werden trotz Warnschildern häufig nicht gesehen und die Situation falsch eingeschätzt. Um das eigene Leben und das anderer Personen zu schützen, sollte man folgende Regeln unbedingt beachten:

Lawinenberichte lesen

  • Vor jeder Tour aktuelle Lawinenberichte verfolgen: In jedem Skigebiet in den Alpen gibt es Servicenummern und Internetangebote mit regionalen Infos zu Schneesituation und Lawinengefahr. Grundsätzlich: Erst Lawinenberichte checken, dann ab auf die Piste.

Niemals solo unterwegs sein

  • Nie allein abseits markierter Pisten fahren: Eine Dreiergruppe ist Pflicht. Einer kann beim Verletzten oder Verschütteten bleiben, der Dritte holt Hilfe. Denn: Über Leben und Tod entscheiden oft nur wenige Minuten.
  • Auf gefährdeten Hängen ausreichenden Abstand zu anderen Ski- und Snowboardfahrern halten. Auf Risse und Vibrationen in der Schneedecke achten und verdächtige Geräusche frühzeitig erkennen.

Warnschilder beachten

  • Lawinengefährdetes Gelände sollte man ganz meiden und potenzielle Gefahrenstellen großräumig umfahren.

Ausrüstung

  • Zu den unentbehrlichen Schutzmaßnahmen beim Freeriden gehört die richtige Sicherheitsausrüstung: Lawinen-Rucksack mit Airbag, Schneeschaufel aus Carbon, Lawinen-Sonde (dünnes, zusammensteckbares Aluminiumrohr) und Peilsender (elektronisches Lawinenverschüttetensuchgerät).

Keine Hänge queren

  • An Lawinenhängen Querung vermeiden: Schon durch die kleinste Belastung kann die instabile Schneedecke losgetreten werden. Das eigene Körpergewicht oder ein Abstoßen mit dem Skistock genügen mitunter, um eine Lawine auslösen.
  • Vor allem während des Tages und bei Sonneneinstrahlung kann der Schnee schwer und nass werden und Schneebretter ins Rutschen kommen. Schneebrettlawinen sind besonders gefährlich, da sie sich bei geringem Druck lösen können und alles mit sich reißen.

Steile Hänge meiden

  • Je steiler der Hang, desto größer ist die Lawinengefahr: Die Hälfte aller Lawinenunfälle passieren an Abhängen, die steiler als 40 Grad sind. Gerade solche Pisten sind es, die Ski- und Snowboardfahrer zu leichtsinnigen Manövern verleiten. Schattige Nordhänge sind bei Neuschnee und steigenden Temperaturen besonders gefährlich.

Verhalten beim Lawinenabgängen

Im Schnitt kommt es nach Angaben des Deutschen Alpenvereins (DAV) pro Jahr zu etwa 100 Lawinentoten in den Alpen. Wer in eine Lawine gerät, kann seine Überlebenschancen durch richtiges Verhalten erhöhen.

Skiausrüstung abwerfen

  • Wenn keine Möglichkeit mehr besteht, den Hang hinabzurasen und so vor der Lawine zu fliehen, sollte man Skistöcke (das hat absolute Priorität), Skier oder Snowboard abwerfen.

Nach oben „schwimmen“

  • Wer von einer Lawine mitgerissen wird, muss den Lawinen-Airbag im Rucksack auslösen. Mit Schwimmbewegungen sollte er versuchen, sich an der Oberfläche zu halten und an den Rand des Schneeabgangs zu gelangen.

Atemhöhle bilden

  • Sobald sich die Lawine verlangsamt, sollte man sich zusammenzukauern sowie Arme und Hände über Mund und Nase zu einer Atemhöhle wölben. Wenn man einmal unter einer Schneedecke begraben ist, kann man selbst seine Finger oft nicht mehr bewegen.

Verschüttet

  • Soweit die Theorie. In der Praxis gelingt es jedoch nur wenigen, diese Verhaltensregeln auch anzuwenden. In der Regel ist die Wucht der Lawine zu groß, um noch kontrolliert zu agieren. Laut Statistik sind die meisten Lawinenopfer in einer Tiefe von wenigen Dutzend Zentimetern bis eineinhalb Metern verschüttet.

Größte Gefahr: Ersticken

  • Da Lawinenschnee komprimierter und schwerer als Pulverschnee ist, lastet ein enormes Gewicht auf Brustkorb und Lunge. Der Körper wird nicht mehr ausreichend durchblutet, Arme und Beine fangen schnell an zu erfrieren. Hinzu kommt, das Mund und Nase meist durch Schnee verstopft sind und der Atem den Schnee vereisen lässt.
  • Die meisten Lawinenopfer sterben deshalb nicht an Unterkühlung oder an ihren Verletzungen, sondern ersticken unter den Schneemassen. Die Überlebenschance Verschütteter sinkt bereits nach 15 Minuten drastisch. Nach einer Stunde kann nur noch jeder Dritte lebend geborgen werden. Nach mehr als zwei Stunden sinkt die Überlebensrate auf weniger als zehn Prozent.