Selb Nummer eins Oberfrankens in Selb

Wolfgang Neidhardt
Das modernste Werk seiner Art in Oberfranken hat die Firma Heidelberger Beton Grenzland an der Weißenbacher Straße gebaut. Die Mitglieder des Ausschusses für Wirtschaftsförderung und Tourismus des Selber Stadtrates zeigten sich bei der Besichtigung beeindruckt. Foto: Wolfgang Neidhardt

Die Firma Heidelberger Beton Grenzland hat 2,2 Millionen Euro in den Neubau investiert.

 
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Selb - "Wenn scho, denn scho." Diesen Spruch hat sich vor drei Jahren die Firma Heidelberger Zement zu eigen gemacht. Sie hatte gerade die damalige TBG Selbbeton in der Weißenbacher Straße übernommen und stand nun vor der Frage: Neubau in kleiner oder großer Form? "Und dann kam das Signal: richtig investieren", berichtet Betriebsleiter Tobias Kießling. 2,2 Millionen Euro hat das Unternehmen in die Hand genommen. Und was es damit geschaffen hat, davon überzeugte sich nun der Ausschuss für Wirtschaftsförderung und Tourismus des Selber Stadtrates bei einem Rundgang auf dem Firmengelände.

Tourismus erholt sich langsam

Der Tourismus in Selb hat in diesem Jahr unter den Corona-Maßnahmen gelitten, wie Nadja Hochmuth berichtete. Bis zum vergangenen Jahr waren die Übernachtungszahlen in der Stadt leicht gestiegen auf über 40 000 pro Jahr. Nach einem tiefen Loch und 800 statt 3000 Gästen bis März lassen die jüngsten Zahlen wieder etwas hoffen. Rund 2600 waren es im Juni und Juli im Vergleich zu 4000 im Jahr zuvor. Einige Stammgäste hielten der Porzellanstadt die Treue und durften Ehrungen für 20 und 10 Besuche im Ferienhof Wolf in Heidelheim und bei Familie Schmidt in Stopfersfurth entgegennehmen.

Christina Rödig berichtete in Stichworten von weiteren Initiativen, um bei Besuchern für die Stadt zu werben: Der Stadtrundgang mit Beschilderung an allen wichtigen Stellen und Broschüre sei fast fertiggestellt. In ehrenamtlicher Arbeit hätten sprachkundige Selber die Texte in Englisch, Französisch und Tschechisch übersetzt. In dieser Sprache hat die Stadt auch einen Kurs für ihre Mitarbeiter veranstaltet. Zum Stadtrundgang gibt es seit geraumer Zeit auf der Homepage der Stadt ein Selb-Quiz. Neu ist eine Selb-Postkarte, mit der Bürger Grüße aus der Stadt versenden könnten. Sie soll es künftig als Abreißblock geben. Werben würde die Stadt ferner im Lokalradio und im Lokalfernsehen sowie in den sozialen Medien. Und Selb taucht neuerdings sogar in einem Schulbuch von Berlin und Brandenburg auf - mit einem Quiz rund um die blaue Porzellankanne. Das Projekt Fair-Trade-Stadt wird nach Aussage von Nadja Hochmuth weiter forciert. In Planung seien eine Selb-Schokolade und ein spezieller Selb-Kaffee.

"Gut beschäftigt" gewesen seien die Mitarbeiter im Frühjahr am Bürgertelefon. Die Stadt habe versucht, Unternehmen zu unterstützen, um Corona-Soforthilfe zu erhalten. Dabei sei ein Mailverteiler entstanden - und der Rücklauf funktioniere gut. Von der Selb-Maske, eine Mund-Nasen-Bedeckung, gibt es nun ein zweites Modell, berichtete die Wirtschaftsförderin abschließend.


Gleich zu Beginn lobte Kießling, der gemeinsam mit Jürgen Hasenkopf die Besucher informierte, die Verwaltungen von Stadt und Landkreis: Hier sei im Vergleich mit anderen Standorten alles sehr rasch und unbürokratisch über die Bühne gegangen. Die alte Anlage von TBG Selbbeton sei "mehr als nur baufällig" gewesen. Im Juli 2019 wurde sie abgerissen. Und im August begann die neu gegründete Firma Heidelberger Beton Grenzland mit Standorten in Marktredwitz, Tirschenreuth und Selb mit dem Neubau der heute modernsten Anlage ihrer Art in ganz Oberfranken. "Der Standort Selb war übrigens nie in Frage gestanden", ergänzte der Betriebsleiter. Schon die günstige Lage direkt an der Autobahn sei ein entscheidender Standortfaktor.

Die Produktionsleistung der neuen Anlage liegt fast dreimal höher als die der alten. Den Fuhrpark hat das Unternehmen aufgerüstet. Sieben Mitarbeiter sind an der Weißenbacher Straße beschäftigt und versorgen Baufirmen im Umkreis von etwa 25 Kilometern von heute auf morgen mit Beton. "Auch wir arbeiten nach dem Prinzip ,just in time‘", erklärte Tobias Kießling. Er und seine Mitarbeiter spüren anhand der Aufträge, dass in Selb an vielen Stellen gebaut werde: "Hier wird gute Arbeit geleistet."

Ein kleines Geheimnis behalten übrigens die Fachleute an der Weißenbacher Straße für sich. Zwar sind die Zutaten für die Produkte bekannt. Doch die Mischung ist Betriebsgeheimnis. Weiteres Potenzial für den Einsatz von Beton sehen die Mitarbeiter von Heidelberger Beton Grenzland bei steilen Straßenstücken, Kreisverkehren und speziellen Busspuren. Der Vorteil: Im Gegensatz zum Teer bleibt Zement auch bei hohen Temperaturen hart. "Da gibt es noch viele Möglichkeiten, die sich Laien gar nicht vorstellen können", schloss der Betriebsleiter den Rundgang.

Dass es in Selb auch in kleinerem Rahmen viele Investitionen gegeben hat, erläuterten dann im Sitzungssaal des Rathauses Nadja Hochmuth und Christina Rödig vom Amt für Wirtschaftsförderung und Tourismus. Der Ausschuss hatte fast ein Jahr lang nicht getagt. Entsprechend länger fiel die Liste der Erweiterungen und Neueröffnungen in Selb aus. Sie reicht vom Boutique-Hotel über die neue Tierheilkunde-Praxis bis zu einem zurückgekehrten Mietauto-Unternehmen (wir berichteten). Nachdem sich die Ärztinnen Fischer und Körner eine Gemeinschaftspraxis teilen, sei die Stadt Selb "im Hausarztbereich gut aufgestellt."

Im Outlet-Center an der Vielitzer Straße sei "einiges im Aufbruch", berichtete Hochmuth. Zu Gerüchten bei einem anderen Projekt des Investors Patrick Müller, dem geplanten Hausbau im Bürgerpark, fragte Roland Schneider am Ende der Sitzung nach: "Nach der Ankündigung im Stadtrat, die Arbeiten würden starten, und der Stabilisierung hin zur Schillerstraße tut sich wieder nichts." Müllers Firma Munitor arbeite mit Hochdruck, antwortete Oberbürgermeister Ulrich Pötzsch. Vorher hatte schon Nadja Hochmuth berichtet, dass nun ein Exposé der Wohnungen in der Stadtverwaltung vorliege. An anderer Stelle, nördlich der Hartmannstraße, lässt die Firma Pro Bau in zwei Häusern derzeit 25 Wohnungen bauen. Und die Firma W + N, die daneben weiteren Wohnraum schaffen will, stehe in den Startlöchern.

Auch im Gebäude des alten Bahnhofs sind Bauarbeiter zugange. Wie Hochmuth und der Oberbürgermeister berichteten, lasse derzeit Peter Liebscher, ein Rückkehrer nach Selb, das Haus sanieren. Noch in diesem Jahr hofft er, eine Kaffeerösterei mit Café eröffnen zu können. "Diese Investition passt zu unserem Vorhaben, im Rahmen der bayerisch-tschechischen Freundschaftswochen das Bahnhofsumfeld neu zu gestalten", stellte Ulrich Pötzsch fest.

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