Stadtrat Wunsiedel dafür Dürfen Firmen Straßennamen bestimmen?

„Birke“ heißt der Unternehmer, der in Wunsiedel seinen Firmensitz ­ erweitert. „Birkenweg“ soll das Straßenstück davor heißen­, das die Firma auf eigene Kosten­ bauen lässt.   Foto: Brigitte Gschwendtner

Der Wunsiedler Stadtrat gestattet der Firma Birke, das Straßenstück vor dem neuen Gebäude „Birkenweg“ zu nennen. Dafür stimmt auch Manuela Menkhoff. Doch ihr Mann, Stadtrat Michael Menkhoff, findet, das habe „ ein Geschmäckle“.

 
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Ein Ehepaar, das miteinander für dieselbe Gruppierung im Stadtrat sitzt, muss nicht immer einer Meinung sein. Das zeigte sich jetzt in Wunsiedel. Michaela Menkhoff von den Aktiven Bürgern schloss sich wie alle übrigen Stadträte der Argumentation des Wunsiedler Bürgermeister Nikolas Lahovnik an: „Wir sollten es mit einem Augenzwinkern aufnehmen – schließlich entsteht kein Schaden für die Stadt.“

Bisher verläuft hier ein Feldweg

Als Einziger verweigerte Michael Menkhoff – wie seine Frau für die Aktiven Bürger im Stadtrat – seine Zustimmung, als es um die Namensgebung für eine Erschließungsstraße ging. Diese entsteht westlich des Neubaus, den die Firma Birke gerade errichten lässt, und soll den bisherigen Feldweg namens „Schönbrunner Leitn“ ersetzen.

Firma finanziert, Stadt unterhält

Um das Stadtsäckel zu schonen, finanziere die Firma mit Geschäftsführer Bernd Birke die Erschließung der Straße selbst, erklärte der Bürgermeister. Für die Stadt entstünden also beim Bau keine Kosten. Erst nach der Abnahme werde das neue, 65 Meter lange Teilstück, das wesentlich der staubfreien Zufahrt zu den Parkplätzen diene, zur Ortsstraße aufgestuft. Ab diesem Zeitpunkt sei die Stadt verantwortlich für den Erhalt.

Mitarbeiter der Verwaltung für „Rot-Kreuz-Straße“

Aus der Verwaltung kam der Vorschlag, das Straßenstück „Rot-Kreuz-Straße“ oder „Am Göringsreuther Steig" zu nennen. Allerdings plädierte Bauherr Bernd Birke nach einer Mitarbeiterbefragung für die Varianten „Am Birkenbühl“, „Am Birkenhain“, „Birkenweg“, „Birkensteig“, „Betulastraße“ oder „Betulaweg“.

Kein Birkenhain in der Nähe

Da in der näheren Umgebung der Straße weder ein Birkenhain noch ein Birkenbühl zu finden sind, schieden diese Namen aus, befanden Verwaltungsmitarbeiter in Wunsiedel. Also hatte der Stadtrat über den Vorschlag „Am Birkenweg“ abzustimmen.

Unter der Bedingung, dass Bernd Birke wenigstens drei Birken pflanze, stimmte sie zu, sagte Stadträtin Manuela Menkhoff von den Aktiven Bürgern. Bunte-Liste-Stadtrat German Schlaug plädierte dafür, sich dem Unternehmerwunsch gegenüber „wohlwollend“ zu verhalten. „Wir sind froh, die Firma in der Stadt zu haben.“ Dieser Argumentation schlossen sich alle Stadträte an – bis auf Michael Menkhoff, der den Namensvorschlag ablehnte, ohne dies zu begründen.

Bürgermeister will keine öffentliche Debatte

Auf Nachfrage erklärte Michael Menkhoff, er habe seine Argumente Lahovnik schriftlich mitgeteilt. Der Bürgermeister ließ sich von ihm versprechen, keine Diskussion anzuzetteln. Denn Lahovniks Wunsch sei, dass in öffentlichen Stadtratssitzungen alles möglichst harmonisch verlaufe, erklärte Menkhoff.

Werde er aber ausdrücklich gefragt, lege er selbstverständlich seine Gründe offen, erklärte der Stadtrat im Gespräch mit unserer Zeitung: „Es hat für mich ein Geschmäckle, wenn sich ein noch lebender Unternehmer selbst eine Straße widmet.“

„Unnötige Winkelzüge“

Auch wenn sich die Belegschaft dafür ausspreche und der Firmen-Namen „Birke“ leicht in „Birkenweg“ abgewandelt werde, ändere das nichts an den Tatsachen. Derartige Winkelzüge brauche es seiner Meinung nach nicht, erklärte Menkhoff. Er plädierte dafür, den ersten, „für jeden nachvollziehbaren und sinnvollen“ Vorschlag der Verwaltungsmitarbeiter zu wählen: „Rot-Kreuz-Straße“. Denn das neue Straßenstück sei letztendlich nur eine Verlängerung der bestehenden Rot-Kreuz-Straße.

Kritik an einem „Denkmal zu Lebzeiten“

„Man muss sich nicht selbst zu Lebzeiten ein Denkmal setzen“, betonte Menkhoff. Außerdem komme der Wunsiedler Stadtrat, sobald er in einer solchen Angelegenheit einmal grünes Licht gebe, schnell in eine Zwangssituation: Was tun, wenn ein anderer Unternehmer ebenfalls beschließe, „sich selbst eine Straße zu gönnen? Wo fange ich dann an, wo höre ich auf?“, fragte Michael Menkhoff.

Zu einem anderen Schluss kam seine Frau Manuela Menkhoff. Sie – ebenfalls bei den Aktiven Bürgern – stimmte mit allen übrigen Wunsiedler Stadträten dafür, dass die neue Straße „Birkenweg“ heißen darf.

Ehepartner mit unterschiedlichen Meinungen

Weder sie noch ihr Mann hätten sich die Entscheidung leicht gemacht, erzählt die Stadträtin. Zu Hause sprachen die Partner lange darüber, zogen aber letztendlich unterschiedliche Konsequenzen.

„Die meisten denken: Die sind doch verheiratet und müssen immer im gleichen Takt schwingen, aber das ist nun mal nicht der Fall“, betonte die Stadträtin. Auch Ehepartner verträten eben des Öfteren unterschiedliche Meinungen.

Birken-Pflanz-Kompromiss als Einziger abgelehnt

Ob in der großen oder kleinen Politik gehe es letztendlich immer um dasselbe: „Wer kein Geld hat und was will, muss buckeln“, sagte Manuela Menkhoff und betonte: „Bernd Birke ist ja auch ein netter Kerl, der für die Stadt den einen und anderen Euro springen lässt.“ Unter der Bedingung, dass wirklich drei Birken gepflanzt würden, habe sie deshalb zugestimmt. „So können wir es ja auch nach außen verkaufen.“

Es geht „ums Prinzip“

Diesen Kompromiss wollte ihr Mann allerdings nicht eingehen: „Mir geht es um das Prinzip.“ Doch auch, wenn er als einziger Stadtrat gegen den Birkenweg stimmte, betonte Michael Menkhoff: „Es ist uns wichtig, dass wir Bernd Birke persönlich sehr schätzen und meine Ablehnung in keiner Weise in seiner Person begründet liegt. Er hat vieles in Wunsiedel unterstützt.“

Der Wunsiedler Unternehmer Bernd Birke selbst bekam von der Redaktion ebenfalls die Möglichkeit, zu dem Thema Stellung zu nehmen. Allerdings ist dies bis Redaktionsschluss nicht geschehnen.

Die Firmengruppe Birke, in der rund 180 Beschäftigte arbeiten, besteht neben Birke Elektroanlagen aus zwei Tochtergesellschaften, der WUN Elektro und der WUN Solar. Außerdem umfasst sie die drei Partnergesellschaften BT Elektro GmbH, M Elektro sowie Steiner Elektro. Der Birke-Unternehmenshomepage zufolge gehören zum Leistungsspektrum Elektroinstallationen, Schaltanlagenbau, IT und Telekommunikation, regenerative Energien, sowie weitere Elektrotechnik-Dienstleistungen.

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