Sticky Fingers 2023 Metal, Matsch und gute Laune

Marcel Kliemann

Das Festival in Brand bei Marktredwitz erneuert im 36. Jahr seines Bestehens seinen Ruf als Publikumsmagnet und Stimmungsgarant.

 
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Der Festival-Headliner Lionheart mobilisiert Samstag kurz vor Mitternacht gerade noch einmal die letzten Reserven der hartgesottenen Besucher, da gibt sich Sticky-Fingers-Veranstalter Tobias Berz im Backstage-Bereich schon einmal zufrieden mit dem Zuspruch des zweitägigen Events. Es sei, trotz des widrigen Wetters, wieder einmal gelungen, knapp 2500 Musikfans auf den beschaulichen Weidersberg zu locken. „Wir hätten ja auch richtig absaufen können“, meint er erleichtert und meint damit wohl ebenso den Regen als auch deshalb eventuell ausbleibendes Publikum. Immerhin sei der Vorverkauf im Vergleich zu den Vorjahren um ein knappes Viertel geringer ausgefallen. „Die Leute haben anscheinend trotzdem weiter Bock auf das Stickys!“, freut er sich sichtlich. Zudem habe das Orga-Team mit Unterstützung ansässiger Firmen das Gelände mit Splitt, Hackschnitzeln und Schwerlastmatten gut für feuchtes Wetter präparieren können.

Aweng kühl, aber richtig cool

Denn während deutschlandweit die Schlammschlacht und der Anreisestopp des riesigen Wacken-Festivals verfolgt und diskutiert werden, ist man in Brand froh, im Großen und Ganzen von richtig schlechtem Wetter verschont zu sein. „Aweng Regen, ein paar Matschpfützen und aweng kühl, aber ansonsten wieder richtig cool – geiles Line-Up, geile Leute“, fasst es ein campender Stammgast am späten Samstagnachmittag zusammen.

Kein Wunder: Neben illustren Szenehelden als gesetzte Publikumsmagneten gibt sich hier auch die lokale und überregionale Rock-/Punk-/Metalszene die Klinke in die Hand. Die Genres und Bandnamen klingen für Uneingeweihte wohl kryptisch, und selbst für Kenner wirkt die Mischung eher bunt zusammengewürfelt. Übellauniger Sludge-Metal von Crowbar folgt auf tanzbaren Folkpunk von den Real McKenzies, der Freitagsheadliner Kadavar zockt Siebziger-Jahre-Retro-Sound mit psychedelischer Kante während Mainact Lionheart samstags knüppelhart groovenden Hardcore in den Moshpit feuern.

Kult mit Blasmusik

Insgesamt macht genau diese Mischung aber auch das Flair des ehrenamtlich organisierten Festivals aus, denn es ist wirklich für jeden was dabei. Während zu den gutgelaunten Entertainmentprofis Buster Shuffle locker das Tanzbein im Ska-Rhythmus geschwungen wird, ist die Stimmung auch bei härtesten musikalischen Härtegraden entspannt, bei den Alliterations-Krachmaten Urinal Tribunal oder den martialischen Thrashmetallern Legion Of The Damned sogar nahe an ausgelassen.

Was bei größeren Musikveranstaltungen eher unter Obskurität läuft, hat beim Sticky Fingers indes schon Kultcharakter. So eröffnen die lokalen Metalheroen Melodramatic Fools den Frühschoppen am Schützenhaus vor den Toren des Geländes, die Marktredwitzer Blasmusik und die Band der Lebenshilfe, das Funkenstein Project, gehören mit mehreren Auftritten in den vergangenen Jahren fast schon zum Inventar des „Stickys“, und werden entsprechend gefeiert.

Ferienangebot für Kinder

Um den Nachwuchs wird sich auch besonders bemüht: Ein Teammitglied, sinnigerweise im Zivilberuf Lehrer, führt eine Gruppe Kinder über das Gelände und hinter die Kulissen des Festivals, ein Ferienangebot des Jugendzentrums Loeschwerk, mit dem man beispielsweise auch den Sticky-Fingers-Ableger „New Ground“ auf die Beine gestellt hat. Nachwuchsförderung auf eigene Art und wohl auch in zukünftig eigener Sache, damit es auch in den kommenden Jahren heißt: „Wir sehen uns beim Sticky Fingers!“

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