Häufung von Streiks im Transportsektor
Die Sozialwissenschaftlerin Irene Dingeldey vom Institut Arbeit und Wirtschaft der Universität Bremen hebt hervor, dass die Streiks noch lange nicht ihre härteste Form angenommen haben. "Das wären unbefristete Streiks und die haben wir noch gar nicht", sagte die Sozialwissenschaftlerin der Deutschen Presse-Agentur. Aber es gebe natürlich eine gewisse Häufung von Streiks vor allem im Transportsektor. "Die fallen uns mehr auf, weil wir die Auswirkungen spüren. Und deshalb erscheinen sie uns vielleicht härter." Wenn hingegen etwa in der Metallindustrie gestreikt werde, betreffe dies den Normalbürger nicht unmittelbar.
"Streik ist ein legitimes Instrument der Tarifauseinandersetzung", betonte Dingeldey. Es sei die einzige Widerstandsform, die Arbeitnehmer hätten, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. "Das gehört dazu - ob es uns gefällt oder nicht."
Gewerkschaften legten derzeit eine gewisse Vehemenz an den Tag. Im Hintergrund stehe der aktuelle Arbeitskräftemangel. Für die Gewerkschaften bedeute das eine "Machtressource". "Hat sich die Ware Arbeitskraft verknappt, dann wird ein höherer Preis aufgerufen." Bei hoher Arbeitslosigkeit hingegen verlören Gewerkschaften an Macht: "Dann fallen die Lohnforderungen geringer aus."
Neue Tarifverträge für zwölf Millionen Beschäftigte
In welchen Branchen in diesem Jahr noch gestreikt wird, ist offen. Laut Tarifarchiv des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung laufen zwischen Dezember 2023 und Dezember 2024 für knapp zwölf Millionen Beschäftigte allein von den DGB-Gewerkschaften vereinbarte Vergütungstarifverträge aus. Im September etwa beginnen die Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie, der größten Tarifbranche mit über 3,6 Millionen Beschäftigten. Ende 2024 laufen die Tarifverträge für den Öffentlichen Dienst bei Bund und Gemeinden (2,4 Millionen Beschäftigte) aus.
IW-Experte Lesch geht dennoch davon aus, dass die bevorstehenden Tarifauseinandersetzungen in diesem Jahr weniger Auswirkungen haben werden als die aktuellen Konflikte in den Bereichen Luftfahrt und Bahn. "Wenn die großen Konflikte bei den Fluggesellschaften, der Luftsicherheit und bei der Bahn durch sind, werden wir das nicht mehr so stark merken wie im Moment." Überraschungen könne es allerdings immer geben.