Tasmanien Das Rätsel der gestrandeten Wale

Barbara Barkhausen

Nach der Massenstrandung von 230 Grindwalen in Tasmanien haben Retter einige Dutzend Überlebende wieder ins offene Meer zurückgebracht.

 
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Rettungsaktion auf der australischen Insel Tasmanien: Ein Mann gießt Wasser auf einen gestrandeten Wal am Ocean Beach. Foto: dpa/Uncredited

Für viele der 50 Helfer ist es ein Déjà-vu: der Strand, voll mit den plumpen Körpern von Walen, die im Sand völlig hilflos sind und ohne menschliche Unterstützung qualvoll verenden. Rund 230 Wale liegen am Ocean Beach auf Tasmanien, nur rund 30 waren am Donnerstag am Leben. Vor zwei Jahren – ebenfalls im September – bot sich den Menschen an der Westküste der australischen Insel ein ähnliches Bild. Damals strandeten knapp 470 Tiere an, etwas über 100 konnten gerettet werden. Es war die bisher größte Strandung in Australien gewesen.

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Ein einsamer, wilder Strand

Die lebenden Tiere wieder ins Meer zu befördern ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Wie auch vor zwei Jahren sind es Grindwale, die auch als Pilotwale bekannt sind. Sie gehören zur Familie der Delfine und werden im Durchschnitt zwischen drei und sechs Meter lang und bis zu drei Tonnen schwer.

Dass diesmal deutlich weniger Tiere gerettet werden können, liegt laut dem Leiter der Rettungsaktion, Brendon Clark, an den harschen Bedingungen. „Vor zwei Jahren hatten wir viele der Tiere in der Mündung des Hafens und damit in viel geschützteren Gewässern“, sagte Clark. Die Brandung am einsamen und den Elementen ausgesetzten Ocean Beach hätte ihren Tribut gefordert.

Tasmanien ist ein Hotspot für Walstrandungen

Die überlebenden Tiere waren von den Helfern mit Tüchern bedeckt und mit Wasser überschüttet worden, bevor sie ins Meer zurücktransportiert werden konnten. Laut eines Experten vor Ort arbeiteten die Retter in diesem Jahr mit einer neuen Strategie. Dabei kam das Gerät eines lokalen Aquakulturunternehmens zum Einsatz, um die Tiere aus dem trockenen Sand herauszuheben. „Wir bringen sie per Schiff in tiefes, klares Wasser“, sagte Kris Carlyon. Dort hätten die gestressten Meeressäuger dann die besten Überlebenschancen.

Die Massenstrandung von Walen gibt Forschern seit Jahren Rätsel auf. Tasmanien gilt wie auch Neuseeland als eine Art Hotspot für Strandungen. Mehr als 80 Prozent der australischen Walstrandungen finden in Tasmanien statt, und Macquarie Heads in der Nähe von Strahan, wo sich der Ocean Beach befindet, ist bereits bekannt dafür.

Forscher können nur mutmaßen

Meeresforscher sind sich nicht sicher, was Wale zu einer Strandung veranlasst. Massenstrandungen von mehreren Hundert Grindwalen sind jedoch keine Seltenheit. Denn die Meeressäuger schwimmen in der Regel in großen Schulen mit Hunderten von Walen. Diese Schulen bestehen oft aus kleinen miteinander verwandten Gruppen. Forscher nehmen an, dass zu dieser familiären Bindung hinzukommt, dass die Tiere einer einzigen Anführerin oder einem Anführer hinterherschwimmen.

Forscher halten es aber auch für möglich, dass die Tiere sich einfach nur „verschwimmen“ oder dass Umweltfaktoren sie beeinflussen. „Die Tatsache, dass wir ähnliche Arten zur gleichen Zeit am selben Ort gesehen haben, könnte ein Hinweis sein, dass Umweltbedingungen mitspielen“, sagte die Meereswissenschaftlerin Vanessa Pirotta. „Die Realität ist, dass wir es zu diesem Zeitpunkt einfach nicht wissen.“