Theodor Schübels Nachlass geht nach Schwarzenbach „Das Theater war sein Leben“

Ralf Sziegoleit
Eva Schübel und Bürgermeister Hans-Peter Baumann mit zwei Nachlass-Mappen und einem Theaterplakat aus dem Jahr 1948, als Theodor Schübel in französischer Kriegsgefangenschaft erste Texte fürs Theater schrieb und selbst als Schauspieler agierte Foto: /asz

In 46 Mappen kehrt der Nachlass des Schriftstellers und Ehrenbürgers Theodor Schübel am Freitag in seine Heimat Schwarzenbach zurück. Seine Tochter Eva übergibt Schriftstücke, Fotografien und Plakate.

 
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Schwarzenbach an der Saale - Bei seiner in Landau in der Pfalz wohnenden Tochter Eva hatte Theodor Schübel ab 2004 seine letzten Lebensjahre verbracht. Vor nunmehr zehn Jahren, am 30. Januar 2012, war er dort 86-jährig gestorben, beigesetzt wurde er aber in der Stadt, die ihn 1997 zum Ehrenbürger ernannt hatte. In Schwarzenbach hatte er als Kind seine Liebe zum Theater entdeckt, später schrieb er hier fast alle seine Texte, manche unter Pseudonym, denn getrieben wurde er, wie Eva Schübel erzählt, anfangs von dem Zwang, Geld zu verdienen. So gut wie mittellos war er 1948 aus französischer Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt, zehn Jahre später wurde, im Berliner Schlossparktheater, sein erstes „offizielles“ Werk aufgeführt. Es hieß „Der Kürassier Sebastian und sein Sohn“ und brachte ihm sogleich den renommierten Gerhart-Hauptmann-Preis ein.

Insgesamt entstanden 46 Werke – Theaterstücke, Fernsehspiele und Romane –, und für jedes einzelne legte der Autor, nachdem er zur Tochter übergesiedelt war, eine Mappe an, in der sich nun Originalmanuskripte, Presseartikel und Fotografien befinden. Um eine 47. Mappe ergänzte Eva Schübel den Nachlass: Sie ist dem Theaterstück „Kokoschka malt Adenauer“ gewidmet, das zwei Jahre nach dem Tod des Autors von einem Privattheater im Wiener Gemeindebezirk Wieden uraufgeführt wurde. Auf die Frage, was Schwarzenbach nun mit dem Nachlass anfangen wird, weist Bürgermeister Baumann darauf, dass es in seiner Stadt ein Museum für Comic und Sprachkunst gibt. Deren neue Leiterin will er in Kürze auf das Thema ansprechen.

Theodor Schübel war ein Schriftsteller, der es verstand, auf leichte Art mit schweren Themen umzugehen. Er folgte der Maxime Bertolt Brechts, dass es Aufgabe des Theaters und aller Künste sei, das Publikum zu unterhalten. Und obwohl laut Eva Schübel „das Theater sein Leben war“, wandte er sich schon 1960 dem damals noch jungen Medium Fernsehen zu und ging für drei Jahre als TV-Dramaturg zur Bavaria nach München. Er dramatisierte Erzählungen von Anton Tschechow, sein erstes Fernsehspiel hieß „Spielsalon“ und wurde von dem renommierten Regisseur Franz Peter Wirth, der seine Karriere am Hofer Theater begonnen hatte, inszeniert. „Neugierig wie ein Kind“ und „Fusion“ (beide 1974) imponierten als eiskalte Dramen um Ehen ohne Liebe. Zwei weitere Fernsehspiele, „Der Opportunist“ (1976) und „Die Grenze“ (1981) – ein deutsch-deutsches Stück, für das Dreharbeiten auf der damals noch unbefahrbaren Autobahn Hof-Plauen stattfanden –, wurden mit dem begehrten DAG-Fernsehpreis in Gold ausgezeichnet. Als Klassiker des deutschsprachigen Fernsehspiels gilt sein 1983 erstmals ausgestrahlter „Karl Sand“ über den aus Wunsiedel stammenden Mörder des populären Schriftstellers August von Kotzebue. Im selben Jahr hatte auch seine letzte große TV-Arbeit Premiere. Sie war, dreistündig und in zwei Teilen gesendet, mit dem Namen des Reformators Martin Luther betitelt und fand auch im Ausland reges Interesse.

Währenddessen hatte sich der nunmehr freischaffend tätige Schübel vom Theater keineswegs abgewandt. 1965 wurde in Lübeck „Wo liegt Jena?“ uraufgeführt, ein politisches Stück im Stil eines Familienmelodrams. Es folgte „Der Wohltäter“ (Münster, 1968), der die Frage aufwarf, was aus unserer Gesellschaft würde, wenn das Christentum in seiner reinen Gestalt den Ton angäbe. Nicht weniger als acht Mal wurde der Autor für die Festspiele auf der Luisenburg Mal tätig, unter anderem mit einem „Robin Hood“ für Kinder und einer Bearbeitung von Shakespeares „Heinrich IV.“; seinen größten Erfolg auf der Naturbühne verbuchte er 1976 mit „Die drei Musketiere“, in der Hauptrolle war Christian Quadflieg zu sehen.

In den Achtzigerjahren probierte sich der Schwarzenbacher Schriftsteller in einem alten, für ihn jedoch neuen Medium aus: Er überraschte mit Romanen. Auf die hoch spannenden „Kellerjahre“ über das Schicksal eines unpolitischen Menschen im Zweiten Weltkrieg folgte „Damals im August“, worin der Mauerbau das Band zwischen zwei Liebenden in Thüringen und Franken zerriss. Weil aber das Schreiben von Romanen eine einsame Sache ist – „die einsamste der Welt“, sagte Schübel –, wandte sich der Autor abermals dem Theater zu mit der Komödie „Die Deutschen kommen!“. Zuletzt hatte er unerwartet am Ohnsorg-Theater in Hamburg Erfolg, dessen Intendant zwischen 1999 und 2002 drei „gute Komödien“ des Autors auf die Bühne brachte. In einem Gespräch aus Anlass seines 75. Geburtstags im Juni 2000 sagte Theodor Schübel, ein bisschen stolz sei er darauf, dass er erreicht habe, was unter den schreibenden Kollegen nur die wenigsten schafften: seit 40 Jahren freier Autor zu sein und davon leben zu können – „und das gar nicht so schlecht“.

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