Jahrzehnte untersuchte er die Wirkung von Gerüchen auf Menschen, Tiere, Lebewesen bis hin zu menschlichen Spermien. „Der Duft spielt bei jeder Entscheidung der Menschen eine wichtige Rolle. Der Riechnerv endet im limbischen System, jenem Areal im Gehirn, das für die Verarbeitung von Emotionen zuständig ist. Wann immer wir also einen bestimmten Duft wahrnehmen, bringt das Gedächtnis uns den Moment zurück, an dem wir ihn das erste Mal erlebt haben, aber auch die damit verbundenen Emotionen, gute wie schlechte.“ Dieses Wissen nutzen Duftexperten wie Müller-Grünow. Sie wissen, dass sich Menschen in einem Geschäft länger aufhalten, wenn es angenehm riecht, Hotelgäste zurückkehren, wenn der Duft passt. „Ganz logisch: Riecht es gut, komm ich wieder“, sagt Müller-Grünow.
Er kennt auch das Gegenteil: Er hat auch nach dem Einchecken gleich wieder ausgecheckt, „weil es erbärmlich gestunken hat. Lange her, Las Vegas, eine Melange aus abgestandenem Rauch und billigen Blumen.“ Ähnlich nervig findet er Vereinheitlichung: Wenn eine Hotelmarke wie die andere riechen möchte. „Wenn ich nicht weiß, ob ich gerade in New York, Jakarta oder Dubai einchecke. Ich finde, auch große Ketten könnten ihren Duft der Umgebung anpassen.“
Der Duft soll das Image des Hotels widerspiegeln
Rund sechs Monate dauert für Müller-Grünow die Entwicklung eines Hoteldufts, bei rund 8000 Euro geht es los, nach oben gebe es kaum Grenzen. „Das Briefing umzusetzen ist die schwierigste Aufgabe“, sagt er. „Manchmal stehen nur Wörter wie Leidenschaft, Frische, Wohlfühlen auf dem Papier.“ Wenn er einen externen Parfümeur dazu holt, arbeiten sie zusammen am Konzept, übersetzen abstrakte Wörter in Noten wie Lavendel, Tee, Sandelholz. Ein Hotelduft soll Haus, Image, Publikum widerspiegeln. „Je weit gereister, luxusverwöhnter die Gäste sind, desto mehr muss der Duft zur internationalen Zielgruppe passen“, sagt Müller-Grünow. Hölzer, Harze, Weihrauch, Myrrhe, Blumen wie Jasmin und Iris – „dann wird es meist richtig teuer“.
Walliser Bergwelt trifft auf ägyptischen Basar
Daniel Lauber, der Zermatter Hotelier, hatte übrigens ein konkretes Konzept für seinen Duft Beyond Exploring No 6 im Kopf. Das entstand bei seinen vielen Reisen durch den Orient. Für die Umsetzung suchte er den Parfümeur Sileno Cheloni in Florenz auf.
„Er hat sofort verstanden, worum es mir geht“, sagt Lauber. Acht Mischungen sind entstanden, die No 6 wurde es: „A Journey from the Souks of Cairo to the mystic Mountains of Zermatt“. Soll heißen: Der frische, klare Duft von Wald und Wiese der Walliser Bergwelt trifft auf Basar und Jurte.