Die Unterstützung der Freiwilligen und auch der Behörden konzentriert sich auf die Dörfer und Städte. Die Bauern, deren Felder zum Teil immer noch unter Wasser stehen, fühlen sich allein gelassen. „Wir leben noch, aber hunderte von Tieren drohen zu sterben“, klagt Giampietro Sabbatani, Direktor einer großen Landwirtschaftskooperative in der Nähe von Ravenna. Sein Betrieb, der drei Tage lang von der Außenwelt abgeschnitten gewesen sei, habe immer noch kein Trinkwasser.
Wie hoch der Schaden ist, ist noch nicht einzuschätzen
Die Milchkühe konnten das verdreckte und kontaminierte Wasser der Flut nicht trinken. Der Betrieb wird nun mit Zisternen-Schiffen versorgt. Auch auf den Feldern und in den Obstplantagen sind die Schäden riesig. „Ich hatte 80 Hektar mit Birnen, Äpfeln, Pfirsichen, Aprikosen und Kiwi; davon ist mindestens die Hälfte zerstört“, sagt der Obstbauer Carlo Calderoni. Die Pflanzen seien von der Gewalt der Wassermassen entwurzelt worden. Er wisse noch nicht, ob sein Betrieb überleben werde.
Wie hoch die Schäden insgesamt sind, die die Jahrhundertflut in der Emilia-Romagna angerichtet hat, wagt derzeit noch niemand abzuschätzen. Der Präsident der Region, Stefano Bonaccini, rechnet allein für die Reparatur der Straßen und Zugstrecken mit Kosten von 620 Millionen Euro. Ein Teil dieser Schäden hätte vermieden werden können, wenn die Dämme und Kanäle regelmäßig repariert und wenn mehr Rückhalte- und Ausgleichsbecken gebaut worden wären.
Sobald der Schaden behoben ist, werden die guten Vorsätze vergessen sein
Aber das Lamento über die fehlende Wartung ist alt in Italien: Das Land wächst zwar – wie in diesen Tagen wieder – bei der Bewältigung von Notlagen über sich hinaus, aber es versagt, wenn es darum geht, solchen Notlagen vorzubeugen. Über mangelnde Prävention beklagten sich auch die Flutopfer nach den Überschwemmungen in den Marken vor einem Jahr und zuvor auf Ischia. Wenn die Schäden dann einmal behoben sind, werden die guten Vorsätze schnell wieder vergessen.
Der Minister für Infrastruktur, Lega-Chef Matteo Salvini, räumte in diesen Tagen ein, dass „Dutzende von dringend benötigten Dämmen“ seit Jahrzehnten geplant und auch finanziert wären, aber sie seien trotzdem nie gebaut worden. Sein Ministerkollege Nello Musumeci, zuständig für den Zivilschutz, pflichtet ihm bei. „Wir benötigen in allen Regionen neue Dämme und Rückhaltebecken.“
Die Pläne der Regierung in Rom
Speicher
Der Minister für Zivilschutz, Nello Musumeci, hat die Pläne der Regierung bekannt gegeben: Man möchte ein System der Wasserspeicherung bauen, das in der Lage sei, 500 Millimeter Niederschlag pro Quadratmeter in 48 Stunden zurückzuhalten.
System
Hätte es ein solches System in der Emilia-Romagna schon gegeben, wäre die Region nicht überflutet worden: In der vergangenen Woche sind zwischen 200 und 300 Millimeter Regen gefallen.