Wie war Ihr erster Rausch?
Boah, weiß ich das noch? Wer sich dran erinnern kann, war nicht dabei. Bacardi-Cola und Whiskey-Cola waren unsere absoluten In-Getränke. Mir hat lange kein Bier geschmeckt. Das Erwachsenwerden ist ein weiter Weg; da muss man sich selbst herantasten. Ich habe alles mitgemacht.
Woran merken Sie, dass Sie einen Einfluss auf die Jugend von heute haben?
Am Erfolg meiner Konzerte, wo ich zum Teil traditionelle Werte vermittle. In meinen Liedern erzähle ich Geschichten, die ich in der Kindheit erlebt oder von meinen Eltern und Großeltern mitbekommen habe. Die Menschen sehnen sich danach, wieder etwas von Angesicht zu Angesicht zu machen. Wenn sie zu meinen Heimspielen in Kitzbühel, Schladming oder München kommen wollen, müssen sie mindestens drei Tage Urlaub machen. Sie gehen dann auch ein bisschen wandern oder sitzen im Wirtshaus, um das ganze Thema Volks-Rock’n‚Roller zu erleben. Zuhause wird die ganze Zeit auf dem Scheiß-Handy herumgewischt, aber bei mir ist es noch so wie in der Kindheit. Insofern gebe ich vielleicht etwas weiter, was heute nicht mehr so cool ist, wonach aber eine Sehnsucht besteht. Meine Heimspiele vor 70.000 Leuten sind Monate vorher ausverkauft. Ich habe die Waldbühne, die Trabrennbahn und den Hockenheimring voll gemacht.
Gibt es die „Kleine steile heile Welt“ wirklich oder existiert sie nur in der Fantasie?
Sie ist auf jeden Fall steil. Die heile Welt gibt es in gewissen Regionen bei uns sicher noch. Ich bin parallel bei den Eltern in Graz und bei den Großeltern auf dem Lande groß geworden und konnte mir von beiden Seiten des Schönste herauspicken. Meine Großeltern waren sehr bescheiden und mochten einfaches Essen. Sie haben jeden Schilling umgedreht und sich für ihre Enkel aufgeopfert. Vielleicht war das Leben auf dem Lande ein bisschen engstirnig, aber parallel habe ich die Schulbildung in Graz und die unterschiedlichen Freunde mit unterschiedlichen Einstellungen genossen. Für mich war es rückblickend eine steile heile Welt. Natürlich war nicht immer alles heil, wenn die Großeltern zum Beispiel vom Krieg erzählten. Meine Oma Maria verbrachte ihr ganzes Leben in der Küche, das würde sich heute wahrscheinlich niemand mehr antun. Noch als 90-Jährige kritisierte sie die ganzen Diskussionen über Emanzipation und Gleichberechtigung immer. Sie erzählte mir, jeder habe seine Aufgaben gehabt, und das habe funktioniert. Heute hingegen geht jeder den Weg des geringsten Widerstands und lässt sich beim kleinsten Gegenwind scheiden. Zur Zeit meiner Oma hat man mehr zusammengehalten. Ich versuche, gewisse Teile meiner Kindheit weiterzuleben. Das gefällt auch meinen Freunden, und die praktizieren das wiederum bei ihren Kindern.
Das melancholische Lied „Das Pinkerl“ hat die Botschaft: Jeder hat seine Last zu tragen.
Das ist eine Nummer im Stil von alten Wiener Liedern im Schrammelsound. Genau diese Botschaft haben mir meine Großeltern immer vermittelt. Wenn einer von uns Kindern gejammert oder mit schlechten Noten nach Hause kam, sahen sie das immer mit einem Schmunzeln.
Ist es eigentlich anstrengend, in einer Lederhose stundenlang auf einer Bühne herumzutoben?
Ja, denn Leder ist dick. Ein Auftritt ist für mich drei Stunden Sport. Ein echter Knochenjob. Nach einem Konzert bin ich klatschnass und froh, dass ich keine langen Hosen anhatte.
Trugen Sie die Lederhosen auch in Nashville?
Ja klar. Am Anfang fragten die Amis mich: „How do you clean it?“ Ich antwortete: „Never!“ Da gab es einen Aufschrei. Die sind ja alle ein bisschen prüde. Wenn ich nach Hause komme, sind die Hosen sofort weg. Damit lege ich mich nicht auf meine Couch. Am liebsten liege ich abends in Unterhosen auf meiner Kuscheldecke.
Wie viele Lederhosen braucht ein Mann?
Mindestens zehn. Die werden regelmäßig entsorgt. Und zum Waschen lege ich sie in die Badewanne und lasse sie im Schatten trocknen. Man kann sie wieder weich reiben, wenn sie zu schnell trocknen.
Verändert eine Lederhose das Beisammensein?
Ja voll! Ich sehe bei meinen Konzerten, welche Freude die Leute haben, wenn sie sich mal wieder schön machen. Das gibt es heute fast nicht mehr. Im Opernhaus bei uns sehe ich Leute mit zerrissenen Jeans und Turnschuhen. Finde ich schade! Ich habe es von den Eltern vorgelebt bekommen, dass man da zumindest eine schwarze Jeans, ein weißes Hemd und einen geputzten schwarzen Schuh trägt. Leider geht vieles davon verloren. Aber bei meinen Konzerten machen sich die Leute total gerne wieder fesch. Das ist wie bei einer Mottoparty. Alle strahlen und es gibt nie Stress.
Ihre Kritiker stellen Sie in die rechtskonservative Ecke. Wie sehen Sie sich selbst?
Ich mache einfach mein Ding. Damit ecke ich vielleicht bei vielen an, die damit gar nichts anfangen können. Dann wirst du gleich verteufelt. Wenn man solch einen Erfolg hat wie ich, gibt es auch Neider. Man muss für sich selber einen Weg finden, damit umzugehen. Ich kritisiere niemanden, weil er sich die Hosen unter den Arsch hängen lässt oder mit grünem Haar durch die Straßen läuft. Das ist mir vollkommen wurscht. Umgekehrt finde ich es sehr interessant, dass es immer wieder Leute gibt, die meinen, mich zu kennen und Urteile über mich fällen zu können.
Was hat Sie am meisten geärgert?
Als das Thema „Rechts“ aufgekommen ist, ging es um ein Motorradlied. Die drei großen Hersteller sind die Deutschen, die Italiener und die Japaner. Eine Zeitung bei uns hatte sofort Assoziationen auf die drei Achsenmächte. Es war sehr absurd, in einem Song auf sowas zu kommen. In der Championsleague kann man halt nicht ohne Gegenwind spielen.
Wird es irgendwann zur Routine, in Stadien zu spielen?
Das glaube ich nicht. Ich denke viel darüber nach, was ich anders machen könnte als im Vorjahr. Vielleicht mache ich mir manchmal zu viele Gedanken. Die Leute kommen ja eh wegen mir. Man muss das Rad nicht immer wieder neu erfinden. Jetzt gibt es eine neue Platte. Das macht alles wieder leichter.
Die österreichische Post widmet Ihnen eine eigene Briefmarkenedition. Wie kam es dazu?
Die Post hat mich gefragt; das ist eine ganz besondere Ehre. Es gibt nicht viele Österreicher, denen das zuteil wurde. Die Marken gibt es in allen Postfilialen in Österreich.
Andreas Gabalier auf Tour
Auf seiner Stadion-Tour schaut der Sänger am 13. Juli um 20 Uhr im Max-Morlock-Stadion in Nürnberg vorbei. Karten gibt es im Ticketshop unserer Zeitung.