Hat Kraftwerk Ihre Version von „Das Modell“ gehört?
Das weiß ich jetzt nicht, aber auf meinem Album haben wir den Titel so gecovert, wie er von Kraftwerk 1978 gespielt wurde. Zudem haben wir eine Version aufgenommen, die ist wesentlich aggressiver als das Original und dem heutigen Sound angepasst. Aber wir werden sie sehr wahrscheinlich nicht veröffentlichen, weil wir davon ausgehen, dass Kraftwerk dann sofort prozessieren.
Muss man sich bei Ihrer Abschiedstournee auf Pyrotechnik und Lederjacke einstellen?
Ich weiß es noch nicht. Ich habe ja zwei Themen: Erstens möchte ich mich rockmäßig mit Lederjacke und Totenkopf verabschieden, und im Herbst mache ich vielleicht noch eine Konzertverabschiedung. Mit den üblichen volkstümlichen Liedern wie „Ännchen vom Tharau“, „Sah ein Knab ein Röslein stehen“ und „Am Brunnen vor dem Tore“. Die kann man aber nur in einem Konzertsaal präsentieren.
Für so manches volkstümliche Lied wurde Sie einerseits verehrt und andererseits verspottet. Warum polarisieren Sie so stark?
Das waren die Medien! In den 1960er Jahren, als die Beatles auf dem Höhepunkt ihrer Karriere waren, kam ich als junger Sänger mit Volksliedern an. Ich hatte blonde Haare und blaue Augen. Da bin ich eben so abgestempelt worden. Aber ich habe mich für das Volkslied entschieden. Gut, dass ich es gemacht und immer polarisiert habe! Hätte ich es gemacht wie alle anderen, wäre ich heute vielleicht nicht mehr da.
Ihnen wurde vorgeworfen, von den Nationalsozialisten gesungene Lieder wieder salonfähig zu machen. Haben Sie eine unkritische Haltung zu volkstümlichem Liedgut?
Das ist dummes Zeug! Ich wüsste nicht, welche Lieder das sein sollten. Ich habe gute Leute in meinem Team. Die achten bei der Auswahl des Repertoires darauf, dass wir nirgendwo anecken. Es gibt bei mir nicht ein einziges anstößiges Lied.
Wollen Sie bewusst Debatten provozieren über den Umgang der Deutschen mit ihrer eigenen Vergangenheit?
Nein, das liegt mir fern. Als ich anfing, sang ich „Jenseits des Tales“, ein Lied aus der Bündischen Jugend. Die Bündische Jugend war eine Gruppe um die Jahrhundertwende. Sie sang Zeilen wie „Jenseits des Tales / Wenn die buntten Fahnen wehen / wir lieben die Stürme / Karamba, karacho“. Das waren deren Rocklieder. Die habe ich gesungen ohne darüber nachzudenken, dass sie aus einer Zeit stammen, die verpönt ist. Um Gottes willen!
Ist es wahr, dass Sie in der DDR verboten waren?
Ja. Warum, weiß ich nicht. Ich wusste, dass ich in der DDR nicht singen durfte, aber es gelang mir trotzdem, CDs rüber zu transportieren. Wir haben sie einfach in andere Hüllen gesteckt und so sind Heino-CDs auch in die DDR gelangt. Es war natürlich schade, aber nach dem Mauerfall hatte ich genug Gelegenheit, im Osten zu singen.
Gab es ein offizielles Statement, weshalb Ihre Platten im Osten verboten waren?
Nein, das gab es nie. Ich habe darüber auch nicht nachgedacht, sondern habe immer nur an die armen Leute gedacht, die belogen worden sind.
Auf Ihrer Platte ist auch eine Version von Hildegard Knefs Klassiker „Für dich soll’s rote Rosen regnen“. Kannten Sie sie persönlich?
Na klar. Wenn wir in Hamburg waren, haben wir uns abends immer zusammengesetzt und ein Weinchen getrunken. Das Lied singt aber meine Frau Hannelore. Sie hat es mir zum Geburtstag gewidmet.
Wie stellen Sie und Hannelore sich den Ruhestand vor?
Naja, ich muss erstmal abwarten. Erstmal werde ich faulenzen. Lange schlafen und vielleicht mal ein paar Tage länger in Kitzbühel sein, wo wir wohnen. Wir wollen uns mal richtig um uns selbst kümmern. Das wird immer verschludert, weil ich viel unterwegs bin. Heute zum Beispiel sitze ich in Hamburg und Hannelore ist in Bad Münstereifel geblieben, weil das Reisen für sie stressig ist. Ich bin noch ein bisschen fitter als sie. Wir lassen erstmal alles auf uns zukommen. Ansonsten habe ich einen Enkel, der ist jetzt 21 geworden. Er nimmt Gesangs- und Gitarrenunterricht und hat mir das schöne Lied „Der Junge mit der Gitarre“ gewidmet. Um ihn will ich mich in Zukunft mehr kümmern.
Hat Ihr Enkel Sebastian Ihnen geraten, Sidos Hit „Bilder im Kopf“ zu singen?
Nein, das habe ich mir selbst geraten. Sprechgesang ist nicht so mein Ding, ich brauche immer Harmonien, Melodien und einen schönen Text, aber mir gefällt das Lied. Ich weiß aber noch nicht mal, wer es komponiert und getextet hat. Zu den jungen Leuten im Studio, die es mir vorspielten, habe ich sofort gesagt, dass ich es singe. Und das habe ich dann auch mit Überzeugung getan.
Hören Sie nach Feierabend noch Musik?
Wenn ich Feierabend habe, müssen meine Ohren mal eine Pause machen. Meine Lieblingsfernsehsendung sonntagabends ist Rosamunde Pilcher. Dann trinke ich ein Gläschen Rotwein und Hannelore einen Rosé. Bei solchen Abenden haben wir Spaß.
Haben Sie sich schon Tickets für die kommende Rammstein-Tour besorgt?
Nein. Ich glaube, die ist ausverkauft. Aber ich bräuchte nur den Till anzurufen, dann besorgt er mir noch ein Ticket. Ich bin ja in der nächsten Zeit auch auf Tournee. Wenn ich Zeit habe und Rammstein sind in der Nähe von Köln oder Düsseldorf, dann will ich da hingehen. Genauso wie ich auch die Rolling Stones vor Jahren besucht habe.
Wie gut kennen Sie die Rolling Stones?
Der Mick ist ein paar Jahre jünger als ich. Ich habe ein wunderschönes Foto von ihm und mir. Es hängt bei uns zuhause in der Wohnung. Der Finanzberater von Mick war Prince Rupert Loewenstein. Er ist verwandt mit dem Adelsgeschlecht Auersperg, so heißt ja meine Frau. Auf diese Weise bin ich zu einem schönen Foto mit Mick gekommen.
Wusste Mick Jagger, wer Heino ist?
Das wusste er, ja. Wir haben uns in Köln ein zweites Mal gesehen. Das erste Mal begegneten wir uns auf dem 60. Geburtstag von Hetti von Bohlen und Halbach in Venedig. Mick ist ein eher ruhiger Zeitgenosse, als wenn ihn kein Wässerchen trüben könnte, aber er ist sehr nett. Man kann gar nicht glauben, dass er auf der Bühne immer so rumspringt.
Haben auch Sie als junger Mann wilde Zeiten erlebt?
Nein, in den 50er Jahren gab es keine wilden Zeiten. Ich bin von 1938. Da war eher alles ruhig.
Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen volkstümlicher Musik und Rockmusik?
Die Volksmusik ist natürlich anders gestrickt als die Rockmusik. Sie ist harmonisch besser bestückt. Rockmusik besteht ja aus Schlagzeug, Bass und zwei Gitarren. Sie ist laut und hat nicht viel Harmonik. Lieder wie „Am Brunnen vor dem Tore“ oder „Ännchen von Tharau“ sind harmonisch eine andere Herausforderung als Rocktitel. Obwohl beides erfolgreich ist.
Ist es für Sie als Sänger eine Herausforderung, Lieder von Rammstein zu singen?
Es fällt mir zum Beispiel leicht, die „Sonne“ zu singen. Da muss ich ja nicht viel singen. (stimmt „jetzt kommt die Sonne“ an) Aber der „Enzian“ geht über drei Oktaven und ist für einen Sänger eine ganz andere Herausforderung, ohne jetzt die „Sonne“ von Rammstein abwerten zu wollen.
Heino auf Abschieds-Tour
Heino geht auf Abschiedstournee und macht am 1. März um 20 Uhr im Hirsch in Nürnberg Station.
Karten für das Konzert gibt es im Ticketshop unserer Zeitung.