Anfangs sind Mike + The Mechanics nicht sehr oft aufgetreten. Warum ist das bei der aktuellen Besetzung anders?
Mike Rutherford: Nun, damals hatte ich einfach viel weniger Zeit für solche Dinge. Ich nahm abwechelnd Platten sowohl mit Genesis als auch mit Mike + The Mechanics auf. Wenn du in zwei Bands spielst, hast du immer das Gefühl, die Zeit rennt dir davon. Und nun arbeite ich mit Andrew und Tim, die beide ausgesprochene Live-Performer sind. Konzerte sind heute viel wichtiger als damals.
Andrew Roachford: Unsere Band ist definitiv authentisch, wir spielen wirklich noch live. Und wir wurden nicht von irgendwelchen Business-Menschen gecastet. Das Publikum kann jeden Abend sehen, wie viel Spaß wir an der Musik haben. Kommen Sie einfach zu einem unserer Konzerte, dann werden Sie keine Fragen mehr haben.
Schreiben Sie die Songs immer gemeinsam?
Rutherford: Es ist bei jedem Song anders. Unsere aktuelle Platte ist ein echter Fortschritt. Den Vorgänger haben wir gemacht, da hatten wir uns gerade kennengelernt. Die neuen Songs sind zum Teil in Zusammenarbeit mit anderen Schreibern entstanden, u.a. mit Leuten von Johnny Hates Jazz. Normalerweise hat einer von uns eine Idee zu einem Text oder einem Groove und dann spielen wir uns gegenseitig die Bälle zu.
Mike + The Mechanics existieren inzwischen seit 32 Jahren. Welche Status hat diese Band für Sie?
Rutherford: Viele Leute glauben, man könne nicht in zwei Bands gleichzeitig spielen, tatsächlich aber existierten Genesis und Mike + The Mechanics über 15 Jahre parallel. Auf ein Genesis-Album folgte in der Regel ein Mechanics-Album. Ich mag die Idee, nicht nur an eine Sache gebunden zu sein. Auch Andrew verfolgt ja noch eine Solokarriere und Tim hat sowieso immer viele verschiedene Dinge am Laufen. Für uns ist das Projekt, an dem wir gerade arbeiten, immer das wichtigste.
Wird das Songschreiben leichter, je älter man wird?
Rutherford: Ich freue mich, dass Sie mich das fragen. Die Antwort lautet: nein. Wenn man jung ist, redet man sich oft ein, ein Song sei einem gut gelungen. Mit den Jahren wird man aber ehrlicher zu sich selbst. Mir fällt das Songschreiben heute eher schwerer, aber es macht mir noch immer Spaß. Inzwischen weiß ich genau, wenn etwas an einem Song nicht stimmt.
Sie haben im Lauf Ihrer 50-jährigen Karriere praktisch alles erreicht. Glauben Sie wirklich, dass – wie es in einem Ihrer Songs heißt – das Beste erst noch kommt?
Rutherford: Natürlich. Weil es immer so ist. Als Songschreiber hat man das Gefühl, dass man eigentlich nie ans Ziel kommt und man es immer noch ein bisschen besser machen kann. Ich finde, auf „Let Me Fly“ sind einige der einzigartigsten Songs meiner Karriere drauf. Aber man strebt trotzdem weiter nach Perfektion – die man wahrscheinlich nie erreichen wird.
Wie hoch ist Ihr Anspruch an sich selbst?
Rutherford: Ich denke, er ist sehr hoch. Es ist verdammt schwer, mich selbst zufrieden zu stellen. Ich werde immer gefragt, ob ich die Songs schreibe, die die Fans oder die Radioleute von mir hören wollen. Die Antwort ist nein. Ich will mich selbst überraschen, nur so kann ich arbeiten. Der Markt ist heutzutage knallhart. In England ist Radio 2 der Ort, wo alle Musiker hinwollen. Wenn sie dich dort spielen, ist das fantastisch. Dann bist du wirklich gut.
Sie haben „Let Me Fly“ in Ihrem eigenen Studio The Farm in Surrey aufgenommen. Dort haben bereits Eric Clapton und George Harrison gearbeitet.
Rutherford: Richtig. Heutzutage geht man nicht mehr in ein Studio und nimmt dort eine Platte von A bis Z auf, wie es früher der Fall war. Die meiste Zeit geht fürs Schreiben drauf. Der Aufnahmeprozess beginnt bei uns erst dann, wenn alles sitzt. Wir sind dann mit den ersten Demos ins Studio gegangen und legten da immer weitere Schichten drauf.
Roachford: Oftmals ist das, was man an einem Song spannend findet, bereits in der ersten Demoaufnahme enthalten. Deswegen muss man sehr vorsichtig sein, diesen Embryo nicht zu verlieren. Es war im Prinzip unerheblich, in welchem Studio wir diese Platte machten, Hauptsache, der Vibe der ersten Stunde war darauf zu spüren.
Was werden Sie auf Ihrer Tour spielen?
Howar: Wir spielen Stücke von Mike + The Mechanics, von Genesis und sogar Solosachen von Roachford. Das ist natürlich luxuriös. Eine Tour ist auch immer eine schöne Möglichkeit, gänzlich neue Songs vor Publikum auszuprobieren. Es ist immer ein Vabanquespiel. Live präsentieren wir die Sachen etwas anders, aber wir achten stets darauf, die Integrität eines Songs nicht zu zerstören.
Ist es für Sie etwas Besonderes, die Genesis-Klassiker zu singen?
Howar: Manche davon sind sehr schwer zu singen, wenn man es in der richtigen Tonart tun möchte. Aber es ist eine tolle Herausforderung. Und wir unterstützen uns gegenseitig. „Land Of Confusion“ zum Beispiel ist heute wieder sehr aktuell. Manchmal spielen wir auch „I Can’t Dance“ oder „Cuddly Toy“ von Andrew.
Dieses Jahr steht das 50. Jubiläum von Genesis an. Sind irgendwelche Aktivitäten mit der Band geplant?
Rutherford: Das 50. Bandjubiläum könnte man dieses, nächstes oder auch übernächstes Jahr feiern. Ich persönlich würde es 2019 tun, denn dann wird unser Debütalbum 50. Im Moment gibt es keine Pläne für Genesis. Was ich aber schön finde, ist, dass Phil wieder aktiv ist. Ich habe ihn vorige Woche in London spielen sehen. Er ist immer noch großartig.
Können Sie nachvollziehen, dass Phil Collins aus dem Ruhestand zurückgekehrt ist?
Rutherford: Ja, absolut. Ich meine, er hat es nicht leicht, aber sein Sohn ist ihm eine große Hilfe. Aus ihm ist ein toller Schlagzeuger geworden.
Wie fühlt es sich an, heute wieder Songs von Genesis zu spielen?
Rutherford: Die Songs bleiben die Songs, aber die Textur ist natürlich anders, wenn Tim sie singt.
Wie gut kennen Sie Ihre eigenen Songs?
Rutherford: Nicht besonders gut. Es fällt mir manchmal schwer, mich an jede Note zu erinnern. Einmal habe ich „Land Of Confusion“ irrtümlich in einer falschen Tonart begonnen. Also, ich lag ein klein wenig tiefer als beim Original.
Roachford: Es passierte bei einem Festival vor 50.000 Leuten. „Land Of Confusion“ klang an dem Abend definitiv konfus. Wir dachten zuerst, das muss so sein, denn Mike muss es schließlich wissen. Er kann sich nicht irren.
Howar: Vielleicht waren es auch 70.000 Leute. Aber Mike bringt auch in solch einem Moment nichts aus der Ruhe. Das ist eine ganz besondere Eigenschaft.
Mr. Rutherford, gibt es wirklich nichts, was Sie aus der Ruhe bringt?
Rutherford: Ich bin manchmal schon noch nervös, besonders in kleineren Clubs. In großen Hallen nimmt man eigentlich nur eine Menschenmasse war, in Clubs hingegen siehst du, wenn ein Typ in der ersten Reihe in der Nase bohrt oder eingeschlafen ist.
Was ist das für ein Gefühl, auf Tour zu sein in einer Zeit, in der sogar auf Konzertbesucher terroristische Anschläge verübt werden?
Rutherford: In letzter Zeit sind einige schockierende Dinge passiert, ich kann es immer noch nicht richtig fassen. Diese Anschläge sind jedoch nicht einzigartig. Ich habe die Zeit, in der die IRA in London regelmäßig Bombenattentate verübte, noch in Erinnerung. Ich kenne solche Situationen also schon lange.
Roachford: Wenn ich ständig daran denken würde, was voriges Jahr in Paris und dieses Jahr in Manchester passiert ist, könnte ich gar nicht mehr eine Bühne betreten. Geschweige denn in London ausgehen. Das ist alles sehr schlimm gewesen, aber das Leben geht weiter. Solche Anschläge passieren heutzutage ständig. Leider. Im Mittleren Osten fürchten die Menschen täglich um ihr Leben.
Howar: Als der letzte Anschlag in London passierte, waren wir gerade in der Nähe. Nur eine halbe Stunde vor der Tat sind wir dort weg. Aber auch schon zu Shakespeares Zeiten passierten schlimme Dinge. Deshalb sage ich: The Show must go on!
Mr. Rutherford, Sie haben allein mit Genesis 150 Millionen Platten verkauft. Sie könnten sich eigentlich entspannt zurücklehnen und einfach nur noch zum Spaß Musik machen.
Rutherford: Bei mir war immer beides der Fall. Ich finde es schön, wenn es gelingt, ein Projekt zum Wachsen zu bringen. Dabei kommt es nicht unbedingt auf die Größe an, sondern darauf, Songs zu schreiben, die den Menschen da draußen gefallen. Die Vorstellung, das ein Lied, das man abgeschirmt von der Außenwelt in einem Tonstudio geschrieben hat, sich eines Tages selbständig macht und um die Welt reist, finde ich immer noch faszinierend.
Sie haben ein Buch über sich und Ihren Vater Captain Rutherford geschrieben. Es heißt „The Living Years: The First Genesis Memoir“. Würden Sie hier sitzen, wenn Ihr Vater Sie nicht unterstützt hätte?
Rutherford: Wahrscheinlich schon. Ich wollte schon als junger Mann beweisen, dass ich in meinem Metier gut bin. Meine Eltern haben den Ersten und den Zweiten Weltkrieg miterlebt. Sie hatten anfangs überhaupt keine Vorstellung davon, was ich da so treibe. Ich gründete eine Band und spielte Popmusik. Das war alles sehr, sehr weit weg von ihnen und sie fragten sich: „Popmusik – was ist denn das?“ Alles, was ich tat, wirkte auf sie sehr befremdlich und erschien ihnen nicht gut: lange Haare und Drogen! Aber mein Vater merkte schnell, dass ich und meine Freunde besessen waren von Musik. Deshalb hat er uns immer ermutigt, weiterzumachen. Das war unser Glück.
Sein Verhalten war für die damalige Zeit sehr ungewöhnlich. Viele Erwachsene standen jungen Menschen in der Nachkriegszeit skeptisch gegenüber. Warum war Ihr Vater, der ja in der Armee diente, anders?
Rutherford: Mein Vater war bei der Marine. Die Jungs bei der Navy waren viel cooler als die bei der Army. Mein Vater ist drei- oder viermal um die Welt gereist, er hat viel gesehen und gelernt. Nach zwei Weltkriegen waren meine Eltern einfach müde und wünschten sich nichts sehnlicher als ein ruhiges Leben.
Auf welche Weise hat Ihr Vater Sie unterstützt?
Rutherford: Er kaufte mir meine erste Gitarre. Und nachdem ich die Schule hinter mir hatte, gab er uns Geld, damit wir uns voll und ganz auf Genesis konzentrieren konnten. Das war sehr wichtig. Anfangs war er bei vielen Konzerten zugegen und auch bis kurz vor seinem Tod schaute er immer noch ab und zu vorbei. Dann allerdings mit Stöpseln in den Ohren.
Gehen Sie selbst noch auf Konzerte?
Rutherford: Ich bin zwar sehr beschäftigt mit meinen eigenen Projekten, aber kürzlich sah ich mir John Mayer an. Und voriges Jahr war ich bei Jeff Becks Geburtstagsshow. Es war wirklich toll.
Sie sind seit 41 Jahren mit Ihrer Ehefrau Angie zusammen. Solch eine lange Ehe ist sehr selten im schnellleben Musikgeschäft.
Rutherford: Ich weiß. Angie ist ein glückliches Mädchen. Sie versteht mich wirklich. Aber sie brennt nicht für die Musik. Sie ist eine Mutter und sie liebt Pferde. Angie war früher eine erfolgreiche Dressurreiterin. Deshalb war es für sie auch kein Problem, dass ich immer so viel auf Tour war.
Mike & the Mechanics auf Tour
Mike & the Mechanics geben am 17. September um 20 Uhr ein Konzert in der Muffathalle in München und am 22. September um 20 Uhr im Haus Auensee in Leipzig. Karten dafür gibt es bei uns.
Mike Rutherford: Nun, damals hatte ich einfach viel weniger Zeit für solche Dinge. Ich nahm abwechelnd Platten sowohl mit Genesis als auch mit Mike + The Mechanics auf. Wenn du in zwei Bands spielst, hast du immer das Gefühl, die Zeit rennt dir davon. Und nun arbeite ich mit Andrew und Tim, die beide ausgesprochene Live-Performer sind. Konzerte sind heute viel wichtiger als damals.
Andrew Roachford: Unsere Band ist definitiv authentisch, wir spielen wirklich noch live. Und wir wurden nicht von irgendwelchen Business-Menschen gecastet. Das Publikum kann jeden Abend sehen, wie viel Spaß wir an der Musik haben. Kommen Sie einfach zu einem unserer Konzerte, dann werden Sie keine Fragen mehr haben.
Schreiben Sie die Songs immer gemeinsam?
Rutherford: Es ist bei jedem Song anders. Unsere aktuelle Platte ist ein echter Fortschritt. Den Vorgänger haben wir gemacht, da hatten wir uns gerade kennengelernt. Die neuen Songs sind zum Teil in Zusammenarbeit mit anderen Schreibern entstanden, u.a. mit Leuten von Johnny Hates Jazz. Normalerweise hat einer von uns eine Idee zu einem Text oder einem Groove und dann spielen wir uns gegenseitig die Bälle zu.
Mike + The Mechanics existieren inzwischen seit 32 Jahren. Welche Status hat diese Band für Sie?
Rutherford: Viele Leute glauben, man könne nicht in zwei Bands gleichzeitig spielen, tatsächlich aber existierten Genesis und Mike + The Mechanics über 15 Jahre parallel. Auf ein Genesis-Album folgte in der Regel ein Mechanics-Album. Ich mag die Idee, nicht nur an eine Sache gebunden zu sein. Auch Andrew verfolgt ja noch eine Solokarriere und Tim hat sowieso immer viele verschiedene Dinge am Laufen. Für uns ist das Projekt, an dem wir gerade arbeiten, immer das wichtigste.
Wird das Songschreiben leichter, je älter man wird?
Rutherford: Ich freue mich, dass Sie mich das fragen. Die Antwort lautet: nein. Wenn man jung ist, redet man sich oft ein, ein Song sei einem gut gelungen. Mit den Jahren wird man aber ehrlicher zu sich selbst. Mir fällt das Songschreiben heute eher schwerer, aber es macht mir noch immer Spaß. Inzwischen weiß ich genau, wenn etwas an einem Song nicht stimmt.
Sie haben im Lauf Ihrer 50-jährigen Karriere praktisch alles erreicht. Glauben Sie wirklich, dass – wie es in einem Ihrer Songs heißt – das Beste erst noch kommt?
Rutherford: Natürlich. Weil es immer so ist. Als Songschreiber hat man das Gefühl, dass man eigentlich nie ans Ziel kommt und man es immer noch ein bisschen besser machen kann. Ich finde, auf „Let Me Fly“ sind einige der einzigartigsten Songs meiner Karriere drauf. Aber man strebt trotzdem weiter nach Perfektion – die man wahrscheinlich nie erreichen wird.
Wie hoch ist Ihr Anspruch an sich selbst?
Rutherford: Ich denke, er ist sehr hoch. Es ist verdammt schwer, mich selbst zufrieden zu stellen. Ich werde immer gefragt, ob ich die Songs schreibe, die die Fans oder die Radioleute von mir hören wollen. Die Antwort ist nein. Ich will mich selbst überraschen, nur so kann ich arbeiten. Der Markt ist heutzutage knallhart. In England ist Radio 2 der Ort, wo alle Musiker hinwollen. Wenn sie dich dort spielen, ist das fantastisch. Dann bist du wirklich gut.
Sie haben „Let Me Fly“ in Ihrem eigenen Studio The Farm in Surrey aufgenommen. Dort haben bereits Eric Clapton und George Harrison gearbeitet.
Rutherford: Richtig. Heutzutage geht man nicht mehr in ein Studio und nimmt dort eine Platte von A bis Z auf, wie es früher der Fall war. Die meiste Zeit geht fürs Schreiben drauf. Der Aufnahmeprozess beginnt bei uns erst dann, wenn alles sitzt. Wir sind dann mit den ersten Demos ins Studio gegangen und legten da immer weitere Schichten drauf.
Roachford: Oftmals ist das, was man an einem Song spannend findet, bereits in der ersten Demoaufnahme enthalten. Deswegen muss man sehr vorsichtig sein, diesen Embryo nicht zu verlieren. Es war im Prinzip unerheblich, in welchem Studio wir diese Platte machten, Hauptsache, der Vibe der ersten Stunde war darauf zu spüren.
Was werden Sie auf Ihrer Tour spielen?
Howar: Wir spielen Stücke von Mike + The Mechanics, von Genesis und sogar Solosachen von Roachford. Das ist natürlich luxuriös. Eine Tour ist auch immer eine schöne Möglichkeit, gänzlich neue Songs vor Publikum auszuprobieren. Es ist immer ein Vabanquespiel. Live präsentieren wir die Sachen etwas anders, aber wir achten stets darauf, die Integrität eines Songs nicht zu zerstören.
Ist es für Sie etwas Besonderes, die Genesis-Klassiker zu singen?
Howar: Manche davon sind sehr schwer zu singen, wenn man es in der richtigen Tonart tun möchte. Aber es ist eine tolle Herausforderung. Und wir unterstützen uns gegenseitig. „Land Of Confusion“ zum Beispiel ist heute wieder sehr aktuell. Manchmal spielen wir auch „I Can’t Dance“ oder „Cuddly Toy“ von Andrew.
Dieses Jahr steht das 50. Jubiläum von Genesis an. Sind irgendwelche Aktivitäten mit der Band geplant?
Rutherford: Das 50. Bandjubiläum könnte man dieses, nächstes oder auch übernächstes Jahr feiern. Ich persönlich würde es 2019 tun, denn dann wird unser Debütalbum 50. Im Moment gibt es keine Pläne für Genesis. Was ich aber schön finde, ist, dass Phil wieder aktiv ist. Ich habe ihn vorige Woche in London spielen sehen. Er ist immer noch großartig.
Können Sie nachvollziehen, dass Phil Collins aus dem Ruhestand zurückgekehrt ist?
Rutherford: Ja, absolut. Ich meine, er hat es nicht leicht, aber sein Sohn ist ihm eine große Hilfe. Aus ihm ist ein toller Schlagzeuger geworden.
Wie fühlt es sich an, heute wieder Songs von Genesis zu spielen?
Rutherford: Die Songs bleiben die Songs, aber die Textur ist natürlich anders, wenn Tim sie singt.
Wie gut kennen Sie Ihre eigenen Songs?
Rutherford: Nicht besonders gut. Es fällt mir manchmal schwer, mich an jede Note zu erinnern. Einmal habe ich „Land Of Confusion“ irrtümlich in einer falschen Tonart begonnen. Also, ich lag ein klein wenig tiefer als beim Original.
Roachford: Es passierte bei einem Festival vor 50.000 Leuten. „Land Of Confusion“ klang an dem Abend definitiv konfus. Wir dachten zuerst, das muss so sein, denn Mike muss es schließlich wissen. Er kann sich nicht irren.
Howar: Vielleicht waren es auch 70.000 Leute. Aber Mike bringt auch in solch einem Moment nichts aus der Ruhe. Das ist eine ganz besondere Eigenschaft.
Mr. Rutherford, gibt es wirklich nichts, was Sie aus der Ruhe bringt?
Rutherford: Ich bin manchmal schon noch nervös, besonders in kleineren Clubs. In großen Hallen nimmt man eigentlich nur eine Menschenmasse war, in Clubs hingegen siehst du, wenn ein Typ in der ersten Reihe in der Nase bohrt oder eingeschlafen ist.
Was ist das für ein Gefühl, auf Tour zu sein in einer Zeit, in der sogar auf Konzertbesucher terroristische Anschläge verübt werden?
Rutherford: In letzter Zeit sind einige schockierende Dinge passiert, ich kann es immer noch nicht richtig fassen. Diese Anschläge sind jedoch nicht einzigartig. Ich habe die Zeit, in der die IRA in London regelmäßig Bombenattentate verübte, noch in Erinnerung. Ich kenne solche Situationen also schon lange.
Roachford: Wenn ich ständig daran denken würde, was voriges Jahr in Paris und dieses Jahr in Manchester passiert ist, könnte ich gar nicht mehr eine Bühne betreten. Geschweige denn in London ausgehen. Das ist alles sehr schlimm gewesen, aber das Leben geht weiter. Solche Anschläge passieren heutzutage ständig. Leider. Im Mittleren Osten fürchten die Menschen täglich um ihr Leben.
Howar: Als der letzte Anschlag in London passierte, waren wir gerade in der Nähe. Nur eine halbe Stunde vor der Tat sind wir dort weg. Aber auch schon zu Shakespeares Zeiten passierten schlimme Dinge. Deshalb sage ich: The Show must go on!
Mr. Rutherford, Sie haben allein mit Genesis 150 Millionen Platten verkauft. Sie könnten sich eigentlich entspannt zurücklehnen und einfach nur noch zum Spaß Musik machen.
Rutherford: Bei mir war immer beides der Fall. Ich finde es schön, wenn es gelingt, ein Projekt zum Wachsen zu bringen. Dabei kommt es nicht unbedingt auf die Größe an, sondern darauf, Songs zu schreiben, die den Menschen da draußen gefallen. Die Vorstellung, das ein Lied, das man abgeschirmt von der Außenwelt in einem Tonstudio geschrieben hat, sich eines Tages selbständig macht und um die Welt reist, finde ich immer noch faszinierend.
Sie haben ein Buch über sich und Ihren Vater Captain Rutherford geschrieben. Es heißt „The Living Years: The First Genesis Memoir“. Würden Sie hier sitzen, wenn Ihr Vater Sie nicht unterstützt hätte?
Rutherford: Wahrscheinlich schon. Ich wollte schon als junger Mann beweisen, dass ich in meinem Metier gut bin. Meine Eltern haben den Ersten und den Zweiten Weltkrieg miterlebt. Sie hatten anfangs überhaupt keine Vorstellung davon, was ich da so treibe. Ich gründete eine Band und spielte Popmusik. Das war alles sehr, sehr weit weg von ihnen und sie fragten sich: „Popmusik – was ist denn das?“ Alles, was ich tat, wirkte auf sie sehr befremdlich und erschien ihnen nicht gut: lange Haare und Drogen! Aber mein Vater merkte schnell, dass ich und meine Freunde besessen waren von Musik. Deshalb hat er uns immer ermutigt, weiterzumachen. Das war unser Glück.
Sein Verhalten war für die damalige Zeit sehr ungewöhnlich. Viele Erwachsene standen jungen Menschen in der Nachkriegszeit skeptisch gegenüber. Warum war Ihr Vater, der ja in der Armee diente, anders?
Rutherford: Mein Vater war bei der Marine. Die Jungs bei der Navy waren viel cooler als die bei der Army. Mein Vater ist drei- oder viermal um die Welt gereist, er hat viel gesehen und gelernt. Nach zwei Weltkriegen waren meine Eltern einfach müde und wünschten sich nichts sehnlicher als ein ruhiges Leben.
Auf welche Weise hat Ihr Vater Sie unterstützt?
Rutherford: Er kaufte mir meine erste Gitarre. Und nachdem ich die Schule hinter mir hatte, gab er uns Geld, damit wir uns voll und ganz auf Genesis konzentrieren konnten. Das war sehr wichtig. Anfangs war er bei vielen Konzerten zugegen und auch bis kurz vor seinem Tod schaute er immer noch ab und zu vorbei. Dann allerdings mit Stöpseln in den Ohren.
Gehen Sie selbst noch auf Konzerte?
Rutherford: Ich bin zwar sehr beschäftigt mit meinen eigenen Projekten, aber kürzlich sah ich mir John Mayer an. Und voriges Jahr war ich bei Jeff Becks Geburtstagsshow. Es war wirklich toll.
Sie sind seit 41 Jahren mit Ihrer Ehefrau Angie zusammen. Solch eine lange Ehe ist sehr selten im schnellleben Musikgeschäft.
Rutherford: Ich weiß. Angie ist ein glückliches Mädchen. Sie versteht mich wirklich. Aber sie brennt nicht für die Musik. Sie ist eine Mutter und sie liebt Pferde. Angie war früher eine erfolgreiche Dressurreiterin. Deshalb war es für sie auch kein Problem, dass ich immer so viel auf Tour war.
Mike & the Mechanics auf Tour
Mike & the Mechanics geben am 17. September um 20 Uhr ein Konzert in der Muffathalle in München und am 22. September um 20 Uhr im Haus Auensee in Leipzig. Karten dafür gibt es bei uns.