Verdi mobilisiert Streik-Demo vor dem Hofer Marktkauf

Moritz Werner
Die versammelte Verdi-Streikgemeinschaft von Marktkauf und Kaufland in Hof. Foto: privat

Die Beschäftigten im Einzel- und Versandhandel kämpfen weiter für dauerhafte Lohnsteigerungen.

 
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Die Beschäftigten des Einzel-und Versandhandels in Bayern und die Gewerkschaft Verdi befinden sich bereits in der dritten Verhandlungsrunde mit den Arbeitgebern. Die letzte Runde fand am 12. Juli statt. In Hof streiken viele der Beschäftigten von Kaufland (Lidl-Schwarz-Gruppe) und Marktkauf (Edeka-Gruppe) vorerst noch bis Samstag. Am Donnerstag demonstrierten nach einem Verdi-Aufruf knapp 30 Streikende beider Märkte etwa eine Stunde lang gemeinsam vor dem Hofer Marktkauf. Die Aktion war eine von 900 in ganz Bayern. Auch im Großhandel wurde gestreikt.

Was fordern die Streikenden?

Verdi fordert zusammen mit den streikenden Angestellten Maßnahmen gegen Reallohnverlust und drohende Altersarmut. „Wir haben bundesweit 3,4 Millionen Angestellte im Einzel- und Versandhandel. 75 Prozent davon droht die Altersarmut. Da kommt ein Problem auf uns zu“, sagt Paul Lehmann, Gewerkschaftssekretär für den Fachbereich Handel im Verdi-Bezirk Oberfranken Ost, der auch beim Hofer Streik anwesend war. Altersarmut sei für viele Beschäftigte im Einzel- und Versandhandel eine nur zu reale Bedrohung. „Das wollen die Streikenden ändern.“

Die Arbeitgeber boten zuletzt für 2023 eine Lohnerhöhung von 92 Cent und für 2024 eine Erhöhung von 57 Cent in der Stunde. Darüber hinaus soll es in diesem Jahr noch eine einmalige Inflationsprämie von 450 Euro geben. Das ist den Streikenden viel zu wenig. Sie fordern eine Gehaltserhöhung von 2,50 Euro die Stunde.

Wichtig ist ihnen auch die Laufzeit: Ein Tarifabkommen soll nicht, wie von Arbeitgebern gewollt, über 24 Monate, sondern lediglich über zwölf Monate laufen. Ziel ist, für alle Eventualitäten vorbereitet zu sein: „Man muss sich nur mal anschauen, was in letzter Zeit alles passiert ist: Corona, Ukraine-Krieg, Inflation. Wir wollen alle Möglichkeiten absichern“, erklärt Lehmann. Verdi und die Streikenden wollen sich vor allem gegen steigende Inflationsraten schützen. Eine schnellere Neuverhandlung sei hierbei also ganz im Sinne der Arbeitnehmer.

Der Gewerkschafter weist auf den Reallohnverlust hin: Beschäftigte haben real am Jahresende weniger Geld in der Tasche als zu Jahresbeginn. Reallohnverlust tritt auf, wenn Gehaltssteigerungen die Inflation nicht ausgleichen. Und das ist laut Paul Lehmann hier der Fall. „Die Preise steigen überall: Mieten, Strom, Lebensmittel. Gerade bei Arbeitnehmern im unteren und mittleren Einkommensbereich macht sich das bemerkbar“, führt der Verdi-Gewerkschaftssekretär weiter aus.

Für mehr Attraktivität im Beruf

Weiter kämpfen die Streikenden für mehr Attraktivität von Berufen im Lebensmittelhandel. „Was glauben Sie, warum überall Leute gesucht werden? Wir müssen unseren Beruf wieder attraktiver gestalten. Dazu gehört auch faire Bezahlung“, erklärt Lehmann. Außerdem bemängeln die Beschäftigten die hohe Teilzeitquote und den „Mangel an guten Führungskräften“.

Die Streikenden sind aber zuversichtlich: Einer der Teilnehmer drückt es folgendermaßen aus: „Endlich sitzen wir am längeren Hebel!“

Wie geht es weiter?

Die Streikenden sind mit der Reaktion und den Angeboten der Arbeitgeber ganz und gar nicht zufrieden. „Es ist eine Frechheit, wie sich die Arbeitgeber derzeit am Verhandlungstisch verhalten“, findet Lehmann klare Worte. Die gebotenen Entgeltsteigerungen würden sehr weit unter den Forderungen liegen. „Das neue Angebot federt die Wirkung der drastischen Preissteigerungen und die Gefahr der Altersarmut nicht ab“, heißt es auf dem Verdi-Flyer.

Auch der Termin für die nächste Verhandlungsrunde von Gewerkschaft und Arbeitgebern am 16. August löst Missfallen aus: „Da merkt man, wie sehr sich der Arbeitgeber für uns interessiert“, sagt eine Streikenden. Wenn es nach den Arbeitnehmern ginge, würde man sich schon viel früher wieder an den Verhandlungstisch setzen. Bis dahin bleibe den Angestellten im bayerischen Einzel- und Versandhandel nichts anderes als Streiks.

„Wir möchten betonen, dass wir uns nicht gegen die Käufer richten. Streik ist das letzte Mittel“, sagt Lehmann. Klar gebe es auch mal „leere Regale“, aber die Versorgung mit Lebensmitteln sei dauerhaft sichergestellt.

Abschließend betonte der Gewerkschaftssekretär: „Streiken ist ein im Grundgesetz verankertes Recht – und oft die letzte Möglichkeit, die viele Arbeitnehmer haben.“

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