Kulmbach - Harald Köppel, Geschäftsführer des Kulmbacher Bauernverbands, spricht von einer „absolut schwierigen Situation“. Er ist erst einmal sprachlos, denn die Nachricht von der Schließung des Kulmbacher Schlachthofs hat er im Gespräch mit der Frankenpost erfahren. Die Stadt Kulmbach habe den Bauernverband nicht informiert, sagt er. Gerade vor Weihnachten sei das ein echtes Problem. „Viele Direktvermarkter haben Bestellungen. Das ist echt ein Problem.“ Nicht nur aus Kulmbach, sondern aus der ganzen Region kommen vor allem Direktvermarkter und Bio-Landwirte und Metzger bewusst nach Kulmbach.

„Für die wird das jetzt mit Sicherheit ein Riesenproblem, kurzfristig Schlachtkapazitäten zu finden. Die Schlachthöfe sind ja meistens durchgetaktet. Das wird jetzt mit Sicherheit einige, die dort geschlachtet haben, in Bedrängnis bringen. Ich bin jetzt schon wenig geschockt.“

Tatsächlich: Der Kulmbacher Schlachthof ist vorerst einmal geschlossen. Doch Antworten gibt es aus dem Rathaus nur scheibchenweise und auf mehrfache Nachfrage. In einer ersten Mitteilung heißt es: „Bei den täglich vor Arbeitsbeginn stattfindenden Selbsttestungen wurde in der vergangenen Woche der erste positive Mitarbeiter entdeckt“, bestätigt der Pressesprecher der Stadt Kulmbach, Jonas Gleich. Übers Wochenende seien daraufhin auch ohne Schlachtung die Mitarbeiter zu weiteren Schnelltests einberufen worden – „wovon leider zwei weitere positiv waren.“ Das hatte Folgen, wie Gleich berichtet: „Mit eigenem Personal wäre eine ordnungsgemäße Schlachtung am Montag daher schon nicht mehr möglich gewesen. Glücklicherweise erfuhren wir Unterstützung einer Firma aus Hof, deren Mitarbeiter am Montag bei uns mitschlachteten. Damit war zumindest die Schweineschlachtung am Montag noch ordnungsgemäß durchführbar.“

Die Stadt habe keine Alternative zur Schließung gesehen. Sämtliche restliche Schlachtungen wurden bis Weihnachten abgesagt, informiert das Rathaus. Per WhatsApp seien die Kunden informiert worden. Der Schlachthof wird noch eine ganze Weile dicht bleiben: „Eine Wiederaufnahme des Schlachtbetriebs ist - abhängig von der Entwicklung - für die Woche nach Weihnachten angedacht“, informiert Jonas gleich. Er betont: „Die Probleme der Metzger sind uns natürlich bekannt und wir bedauern dies, insbesondere aufgrund der Kurzfristigkeit, auch. Allerdings lässt uns die aktuelle Situation keinerlei alternative Handlungsoption.“

Auf die Frage nach dem Impfstatus der Schlachthof-Mannschaft, die in Diensten der Stadt Kulmbach steht, gibt Jonas Gleich keine Antwort. Der Status sei abgefragt und auch bekannt. Aus Datenschutzgründen könne er aber dazu keine Angaben machen. Und erst auf eine weitere Nachfrage bestätigt Gleich schließlich: Inzwischen waren noch weitere Fälle hinzugekommen. Sieben der 15 Mitarbeiter im Schlachthof seien positiv getestet.

Aus dem Landratsamt wurde am Donnerstagmittag bestätigt: Drei Fälle seien inzwischen bekannt, es gebe aber Hinweise auf weitere. Das werde nun überprüft. Man versuche, den Betreiber zu erreichen, sagte Krisenstabsleiter Oliver Hempfling zu diesem Zeitpunkt. Das sei aber noch nicht gelungen. Fast zeitgleich mit der Frankenpost hatte etwas später offenbar auch Hempfling Kontakt mit dem Rathaus. Doch dem Landratsamt gegenüber sprach die Stadtverwaltung noch von drei Fällen, während der Pressesprecher bereits sieben bestätigt hatte. Die Meldung sei dann aber wenig später doch erfolgt, berichtet Oliver Hempfling in einem weiteren Gespräch. Gesetzlich vorgeschrieben sei es laut Hempfling, dass das Gesundheitsamt informiert werden muss, wenn ein Schnelltest positiv ist. Die Stadt Kulmbach war offenbar dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Prozedere mindestens bis Donnerstagmittag noch nicht gefolgt.

Der geschlossene Schlachthof beschäftigt inzwischen auch schon die Politik. Bei der Bayreuther Bundestagsabgeordneten Anette Kramme haben sich bereits betroffene Bauern gemeldet. „Die Leute berichten mir, sie wüssten nun nicht mehr wohin mit den schlachtreifen Tieren“, berichtet Anette Kramme. Helfen kann aber auch sie nicht. „Dieses akute Problem können wir nicht lösen. Ich kann den Landwirten nur empfehlen, sich an andere Schlachthöfe zu wenden.“

Genau das sei aber das Problem, sagt Direktvermarkter Norbert Böhmer aus Plankenfels. Er schlachtet in Kulmbach und musste sich auf die Schnelle Ersatz suchen. Bayreuth habe abgelehnt. „Die Großen wollen uns Kleine doch gar nicht“, klagt er. Umso wichtiger sei es, dass gerade kleine Schlachthöfe erhalten bleiben und vor allem auch Zuschüsse zum geplanten Neubau in Kulmbach locker gemacht werden. Böhmer weicht nun nach Kronach aus. Auch das sei ein kleiner Schlachthof. „Die haben uns aushilfsweise angenommen und unterstützen die kleinen Direktvermarkter und Metzger, dass auch die auf Weihnachten ihre Tiere schlachten können.“

Der Kulmbacher BBV-Kreisobmann Wilfried Löwinger ist selbst von der Schlachthofschließung betroffen. Er hat am Montag von Problemen erfahren, als er dort Schweine angeliefert hat. Von Corona sei da zwar noch nicht die Rede gewesen. Es habe nur geheißen, es seien drei Leute ausgefallen, sagt Löwinger. Inzwischen habe er erfahren, es seien noch weitere positive Fälle aus der Schlachthof-Mannschaft hinzugekommen. Offenbar wusste Löwinger über die gestiegene Fallzahl früher Bescheid als das Gesundheitsamt.

Doch das ist nicht Löwingers Problem. Jetzt müsse man sich nach kurzfristigen Ausweichlösungen in der Region umschauen. „Das muss dann halt in der Nachbarschaft irgendwie aufgeteilt werden.“ Für die Betroffenen sei das hart, meint auch der BBV-Kreisobmann. Er erinnert an die Schließung des Großschlachters Tönnies im vergangenen Jahr. „Das hat sogar zu Marktverwerfungen geführt, denn dort werden 25 000 Schweine täglich geschlachtet.“ Den betroffenen Bauern und Metzgern ist das vermutlich ein schwacher Trost.