Wegen Koalitionsvertrag Bauern kritisieren Ampel

Stephan Herbert Fuchs
Nicht nur die Anbindehaltung steht derzeit im Fokus der neuen Ampel-Koalition in Berlin. Landwirte in der Region tun sich schwer, mit dem Reformwillen Schritt zu halten. Foto: dpa/Patrick Seeger

Landwirte werden auf den Klimaschutz reduziert, kritisiert Emmi Zeulner. Von der Oppositionsbank wird es für sie allerdings schwer, daran etwas zu verändern.

 
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Kulmbach/Lichtenfels - In einem war man sich im Online-Gespräch tragender bäuerlicher Organisationen aus Kulmbach, Lichtenfels und Coburg einig: In der Kritik am Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien in Berlin. So ganz verinnerlicht, dass die CSU im Bund nunmehr in der Opposition ist, hatten manche Teilnehmer dabei allerdings nicht.

An dem Gespräch nahmen auch die CSU-Bundestagsabgeordneten Emmi Zeulner (Lichtenfels/Kulmbach) und Jonas Geissler (Coburg/Kronach) teil. „Wir sind abgewählt worden und können künftig nur Anträge stellen“, sagte Emmi Zeulner. Als Opposition sitze man eben nicht mehr mit am Verhandlungstisch. Einfacher werde das sicher nicht. Jonas Geissler, neu gewählter Abgeordneter für den Wahlkreis Coburg räumte Fehler der CSU in der Vergangenheit ein. „Wir wissen, dass wir wahnsinnig viele Landwirte enttäuscht haben“, sagte er. Der Koalitionsvertrag stelle die Landwirte eher als Umweltschützer dar, monierte Zeulner.

„Das sind sie zwar, sie sind aber auch Nahrungsmittelproduzenten“, betonte die Angeordnete. Ziel sollte es sein, Deutschland in Sachen Ernährung ein stückweit autark zu machen. Wenn der Selbstversorgungsgrad bei Obst und Gemüse gerade einmal bei 30 Prozent liegt, dann sei das entschieden zu wenig. „Wir dürfen uns nicht abhängig machen“, warnte die Politikerin.

Diese Auffassung vertrat auch Michael Bienlein, BBV-Kreisobmann von Lichtenfels: „Es bringt uns doch nichts, wenn wir die Nahrungsmittelproduktion ins Ausland verlagern und nur noch als Umweltschützer tätig sind“. Die Lebensmittelsouveränität werde sträflich vernachlässigt, so Harald Weber, Leiter des Landwirtschaftsamtes Coburg-Kulmbach. Kreisobmann Bienlein bemängelte, dass bei vielen Dingen wie etwa bei der Düngeverordnung die fachliche Praxis völlig außen vor bleibe.

Ein großes Thema, das viele Landwirte umtreibt ist die Diskussion um die Zukunft der Anbindehaltung. Wie berichtet, listen Teile des Lebensmitteleinzelhandels bereits Frischmilch aus, die aus Anbindehaltung stammt. „Ob es einem Tier gut oder schlecht geht, hängt doch nicht ausschließlich von der Haltungsform ab“, sagte Bienlein. Es liege vielmehr an den Menschen, die das Tier versorgen.

Emmi Zeulner sprach sich dabei für individuelle Lösungen aus. Statt eines fixierten Stichtages sollte es einen generationengerechten Übergang geben. „Wir werben in Berlin für eine entsprechende Initiative“, versprach sie. Der Umbau in der Struktur müsse massiv unterstützt werden. Zuvor hatte auch Behördenleiter Weber für Übergangslösungen plädiert.

Von den 147 Milchviehhaltern im Landkreis Lichtenfels hätte über die Hälfte weniger als 20 Kühe. Dabei könne man sicher davon ausgehen, dass es bei diesen kleinen Landwirten noch überall Anbindehaltung gibt. Nur 36 von den 147 Milchviehhaltern hätten mehr als 50 Kühe im Stall, der dann wohl ziemlich sicher ein Laufstall ist.

Landwirt Bernhard Hofmann äußerte große Sorgen, was den Nachwuchs angeht. Hofnachfolger würden die Lust am Beruf verlieren, wenn sie keinerlei Wertschätzung mehr erfahren. „Immer steht die Landwirtschaft im Kreuzfeuer der Kritik, Vielflieger und Kreuzfahrer bleiben dagegen außen vor“, sagte er.

Einig war man sich darin, dass der Landwirt wieder einen ordentlichen Preis für sein Produkt bekommen muss. In Sachen Selbstbewusstsein des Berufsstandes sei aber schon noch Luft nach oben, so Emmi Zeulner.

„Wir wissen um die Leistung, die erbracht wird“, sagte sie. „Unser Kernanliegen sollte deshalb die Wertschätzung der Bauern sein“, meint Jonas Geissler. Landwirte dürften nicht länger unter Generalverdacht gestellt werden.

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