Weidenberg Junger Luchs im Fichtelgebirge ausgewildert

Luchsdame Julchen ist eine Handaufzucht und kommt aus dem Oberpfälzer Wald. Im Fichtelgebirge wurde sie nun in die Wildnis entlassen.

 
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Weidenberg - Jetzt hat auch das Fichtelgebirge einen Luchs. Nach dem Steinwald, in dem zwei männliche Tiere zu Hause sind, bildet das Mittelgebirge einen wichtigen Trittstein für die Wiederansiedlung des "großen Beutegreifers", wie der Luchs im Amtsdeutsch heißt, zwischen dem Harz und dem Bayerischen Wald, in dem es bereits größere Populationen gibt.

Julchen, so heißt das Ende Mai vergangenen Jahres im südlichen Oberpfälzer Wald gefundene und von Hand aufgezogene Tier, eroberte auch die Herzen im Forstbetrieb Fichtelberg im Sturm. Denn hier, in einem eigens gebauten Gehege, war ihre letzte Station vor der Freilassung.

Das bayerische Landesamt für Umwelt hatte die Anfrage gestellt, ob im Fichtelgebirge ein Luchs angesiedelt werden könne. Und viele Helfer machten es dann möglich. Forstbetriebsleiter Winfried Pfahler nennt vor allem Eberhard Freiherr von Gemmingen-Hornberg, der den Kontakt zu den Jägern herstellte und um Unterstützung warb, aber auch seinen Stellvertreter Martin Hertel und die Parkranger vom Naturpark Fichtelgebirge. Nach vielen Diskussionen um den Standort - so mancher Jäger fürchtet um das Auerwild - einigte man sich auf die Waldhänge bei Sophienthal.

In dem Gehege, das sogar einen eigenen Catwalk aus Holzbalken hat, damit Julchen auch in der Zeit der Gefangenschaft klettern konnte, durfte sich der Luchs, der vorher in einer Auffangstation in Niedersachsen war, erst mal akklimatisieren.

Von April bis Mitte Juni versorgten sie Mitarbeiter des Forstbetriebs. Pfahler: "Wir haben das mit großer Leidenschaft gemacht, und viele schöne Erinnerungen werden für immer bleiben." Christian Tausch, Abteilungsleiter Naturschutz beim Landesamt für Umwelt in Augsburg, spricht von der besonderen Faszination, die der Luchs auf Menschen ausübt. Weil er überwiegend nachtaktiv und als Pirsch- und Lauerjäger ein Einzelgänger sei, habe er es leichter akzeptiert zu werden als der Wolf.

In Bayern gebe es derzeit 49 erwachsene Luchse und 17 Jungtiere, in Deutschland seien es 135, die meisten davon im Bayerischen Wald. Nach wie vor viele Verluste gebe es im Straßenverkehr und durch illegale Nachstellung. Mit dem Wildtiermanagement, vom Umweltministerium 2006 eingerichtet, versucht man gegenzusteuern. Tausch nennt rund 160 ehrenamtlich Tätige, die auch Informationen und Erkenntnisse aus der Bevölkerung sammeln. Ein Naturschutzfonds stelle sicher, dass Ausgleichszahlungen möglich sind, wenn Nutztiere gerissen werden, oder dass es Zuschüsse gibt, wenn Zäune gebaut werden müssen.

Parkranger Ronald Ledermüller erinnert daran, dass nun eine Lücke von 300 Jahre geschlossen werde. Im Winter 1708/09 hatten Bauern bei Alexandersbad eine Spur entdeckt, und im Sommer darauf jagten die Hunde einen Luchs den Baum hinauf, der dann abgeschossen wurde. "Drei Gulden Entlohnung gab es dafür." 1866 wurde der letzte Luchs im Fichtelgebirge geschossen, das sei beurkundet, erklärt auch Tausch. Und die Luisenburg trägt die Erinnerung an den Luchs, denn sie hieß früher Luchsburg.

Auf Julchen ruhen jetzt große Erwartungen. Genauso gespannt wie man ihren ersten Freigang aus dem Gehege heraus erwartete, hofft man jetzt auf Nachwuchs durch Kontakt in den Steinwald. Denn Julchen geht es gut, das zeigen drei nächtliche Fotos auf Wildkameras im Umkreis von etwa zwei Kilometern.

Bund Naturschutz fordert weitere Schritte

Der Bund Naturschutz (BN) begrüßt die Freilassung eines Jungluchses bei Weidenberg. „Ein erster Schritt, dem aber dringend weitere folgen müssen. Es braucht viel mehr gezielte Freisetzungen auch in anderen nordbayerischen Mittelgebirgen und im Alpenraum, um die Gefahr eines erneuten Aussterbens des Luchses zu bannen“, so Richard Mergner, Vorsitzender des BN. Mergner lobt das Engagement der Bayerischen Staatsforsten und fordert die Wiederansiedlung von Luchsen auch im Spessart, dem Frankenwald oder in den Alpen. Nur so könne das 2008 im Managementplan Luchs definierte Ziel einer „vitalen Luchspopulation, die alle geeigneten Lebensräume Bayerns besiedelt“ erreicht werden. Mit nur einem Dutzend reproduzierender Weibchen landesweit sei der Luchsbestand in Bayern immer noch viel zu klein, um ein langfristiges Überleben zu sichern. Kai Frobel, BN-Artenschutzreferent: „Er braucht Hilfe bei der Ausbreitung, weil er es auf natürlichem Wege einfach nicht schafft.“

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