Wirtschaft in Oberfranken Handwerkskammer ohne Plan B

Von
„Das Umlaufverfahren soll eine Ausnahme bleiben“, sagt Handwerkskammer-Präsident Matthias Graßmann. Foto: Roland Töpfer

Eigentlich sollte am 29. November die Vollversammlung der oberfränkischen Handwerkskammer in Präsenz stattfinden. Weil das wegen Corona nicht möglich war, wählte die Kammerführung ein schriftliches Notfall-Verfahren. Nicht alle sind damit zufrieden.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Hof/Coburg/Bayreuth - Das oberfränkische Handwerk wollte sich von seiner besten Seite zeigen. Sogar der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), Hans Peter Wollseifer, sollte als Ehrengast zur Vollversammlung der Handwerkskammer (HWK) am 29. November nach Bamberg kommen. Doch die Corona-Pandemie machte dieses Vorhaben zunichte. Die Vollversammlung in Präsenz musste aufgrund der hohen Inzidenz im Raum Bamberg abgesagt werden. Manches Gremiumsmitglied hätte sich nun wenigstens eine virtuelle Sitzung gewünscht. Die Kammerführung entschied sich allerdings für das sogenannte Umlaufverfahren. Das sieht vor, dass den Vollversammlungsmitgliedern die notwendigen Informationen und Beschlussunterlagen schriftlich zur Abstimmung zugesendet werden.

Ein Vollversammlungsmitglied, das nicht namentlich genannt werden möchte, sagte unserer Zeitung: „Ich verstehe nicht, warum man das nicht online gemacht hat. Zu manchen Punkten gibt es viele offene Fragen. Deshalb wäre eine Diskussion schon sehr wichtig gewesen.“ Denn nicht jeder im Gremium stecke bei allen Themen ganz tief drin in den Details. Zwar seien Nachfragen bei der Kammer möglich gewesen, doch eine breite Erörterung und Debatte im Plenum wären nach Ansicht des Vollversammlungsmitglieds deutlich besser gewesen.

Ein anderer, der ebenfalls der Vertretung angehört, kritisierte das Vorgehen der Kammerspitze unter Verweis auf die HWK-Satzung. Diese schreibe explizit eine öffentliche Sitzung vor. Die Vollversammlung sei „das Parlament des Handwerks“ und nehme gerade aus Gründen der Transparenz eine herausragende Stellung ein. Andere Kammern würden schließlich auch unter Einhaltung der Corona-Schutzregeln in Präsenz tagen, sagte das Vollversammlungsmitglied, das ebenfalls nicht mit seinem Namen zitiert werden will. Als zweite Lösung hätte man seiner Ansicht nach in digitalen Zeiten wenigstens eine virtuelle Sitzung anberaumen können. Es sei deshalb kritisch zu hinterfragen, weshalb die Kammer das schriftliche Umlaufverfahren gewählt habe. Eine Eilbedürftigkeit, die laut Kammersatzung ausnahmsweise Vollversammlungsbeschlüsse „auf schriftlichem oder elektronischem Wege“ ermöglicht, sei im konkreten Fall nicht erkennbar gewesen, so das Gremiumsmitglied.

Zu blauäugig?

HWK-Präsident Matthias Graßmann sagte auf Nachfrage unserer Zeitung, die Stadt Bamberg habe im besagten Zeitraum aufgrund der hohen Inzidenz größere öffentliche Veranstaltungen – darunter eben auch die Vollversammlung des Handwerks – abgesagt. Die HWK hätte die Sitzung zwar auf eigenes Risiko trotzdem durchführen können. Das wollte man aber nicht. Auch, weil einige Vollversammlungsmitglieder nicht gegen Corona geimpft sind, wie Graßmann berichtete.

Mancher Außenstehende fragt sich, ob die Kammerführung nicht zu blauäugig gewesen war. Hätte man angesichts der Corona-Lage, die sich schon Anfang November dramatisch verschlechtert hatte, nicht vorzeitig über Alternativen zur Präsenzveranstaltung nachdenken müssen? Graßmann räumte ein, dass die Kammer damals keinen Plan B hatte. „Wir dachten bis kurz vor Schluss, dass wir die Vollversammlung in Präsenz durchziehen können.“ Nach der Absage sei die Zeit dann zu kurz gewesen, um noch eine virtuelle Sitzung zu organisieren. „Das braucht eine saubere Vorbereitung. Und die wäre nicht mehr möglich gewesen“, sagte Graßmann.

Rückblickend wäre es ihm zufolge besser gewesen, zweigleisig zu fahren, also auch eine Online-Versammlung in Betracht zu ziehen. Für die Zukunft werde man das berücksichtigen. „Das Umlaufverfahren soll eine Ausnahme bleiben“, bekräftigte der HWK-Präsident. Über die Beschlüsse der Vollversammlung soll die Öffentlichkeit noch im Dezember informiert werden.

Die nächste Vollversammlung der Kammer ist für den 4. Juli 2022 in Bayreuth geplant. Dort werden nach Auskunft Graßmanns dann auch die ursprünglich für den 29. November geplanten Sachstandsberichte zu den Tochtergesellschaften GTO und IFGO behandelt.

Autor

Bilder