Das war schon ganz schön hart gestern Abend. Denn gestern Abend, da war sie plötzlich da, die Sinnkrise unseres Fan-Daseins. Dabei hätten wir es kommen sehen müssen, das schwarze Loch, aus dem es zwei Tage lang, gestern und heute, kein Entrinnen geben würde. Schon allein ein Blick in das Fernsehprogramm offenbarte die Tristesse. Da lief gestern im Ersten gleich nach der Tagesschau „Der Winzerkönig“. Was hätten wir dafür gegeben, statt eines Weinkönigs einen Torschützenkönig in Aktion zu sehen. Und auf Sat.1 hieß es zur gleichen Zeit ganz lapidar „Genug“. Was heißt hier genug? Wir haben noch lange nicht fertig! Wir wollen ins Endspiel! Das mit den Türken morgen, das wird sich vielleicht irgendwie regeln lassen. Aber dass der EM-Spielplan auf dem Weg ins Finale gleich mehrere fußballfreie Tage eingebaut hat, das ist kaum zu ertragen, das wirbelt unsere seit mehr als zwei Wochen lieb gewonnene Abendgestaltung schon gehörig durcheinander. Die Vorstellung, dass uns die Türken morgen Abend in den letzten zweieinhalb Minuten noch schnell drei Tore verpassen könnten, ist schon schlimm genug. Noch unerträglicher wird es aber, wenn wir dann unsere Gedanken über den kommenden Sonntagabend, also über das EM-Endspiel, hinaus schweifen lassen. Was wird dann sein? Nichts. Kein Poldi, kein Schweini, kein Waldi, kein Garnichts. Nichts wird mehr sein, wie es war. Und selbst Sepp Herbergers in Granit gemeißelte Fußballweisheit wird dann ihre Gültigkeit verlieren. „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“. heub