Wunsiedel Opfer hilft Angeklagten

Herbert Scharf

Wegen Nachstellung und Körperverletzung hat sich ein 27 Jahre alter Mann vor Gericht verantworten müssen. Dass die Sache gut ausgeht, liegt an einer jungen Frau.

 
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Wunsiedel - Wenn die Liebe zu Ende geht, kommt es nicht selten zu Auseinandersetzungen oder gar seelischen oder körperlichen Verletzungen. Manchmal sogar, wenn die Liebe noch gar nicht begonnen hat. So in einem Fall, der jetzt vor dem Richter im Amtsgericht Wunsiedel verhandelt wurde.

Auf der Anklagebank sitzt ein 27 Jahre alter Mann aus dem Landkreis Hof. Die Anklage lautet auf Nachstellung und Körperverletzung. Leidtragende ist eine 23 Jahre alte Frau aus dem Landkreis Wunsiedel. Nicht weniger als 129 Nachrichten und Mitteilungen bekam sie zu Beginn dieses Jahres von dem Angeklagten. Bei einer Begegnung in einer Stadt im Landkreis Wunsiedel kam es dann zum Streit. Der Mann klemmte der jungen Frau das Bein in einer Autotür ein. Sie trug blaue Flecken davon.

Vor dem Wunsiedler Richter ist der Angeklagte geständig. "Ja es war so", gibt er nach der Verlesung der Anklageschrift zu. Was hatte sich zugetragen? Eigentlich war er mit der 23-Jährigen gar nicht so richtig zusammen, räumt er auf Nachfrage des Richters ein. Kennengelernt hatten sich die beiden bei einem Fest im Oktober. Ein- oder zweimal habe man sich getroffen, aber nicht öfter. Beide Beteiligten bezeichnen die Treffen als "Kennenlernphase ohne feste Beziehung".

Dumm nur, dass die Interpretation dieser Phase zu völlig gegensätzlichen Einschätzungen führte. Denn während die junge Frau dem Mann sehr bald unmissverständlich per Whatsapp klarmachte, dass sie nicht zusammenpassten und sie auch gar keine Beziehung mit ihm haben wolle, sah der so Angesprochene das anders. Ganz anders.

Mit 129 Mitteilungen auf Whatsapp und SMS in einer Woche bombardierte der 27-Jährige die Frau. Er habe ganz einfach noch eine Aussprache gewollt, begründet er auf der Anklagebank seinen Handy-Terror. Da müsse man doch einmal persönlich darüber sprechen.

Das aber wollte die 23-Jährige offenbar nicht mehr. Für sie war die Sache gegessen. Deshalb blockte sie die Handynummer des verschmähten Liebhabers. Doch auch das zeigte keine rechte Wirkung. Ob es nun Zufall war oder ob er der Frau bewusst in ihrer Heimatstadt aufgelauert hatte, wurde nicht ganz klar. Jedenfalls trafen die beiden an einem Wochenende gegen 17 Uhr wieder aufeinander.

Nach einem kurzem Disput kam es zum Streit. Als die Frau in ihr Auto steigen und wegfahren wollte, beschimpfte er sie erst einmal mit Ausdrücken wie "Schlampe" und "falsche Schlange". Doch damit nicht genug: Als die Frau noch beim Einsteigen war, wollte der Mann offenbar die Autotür zuwerfen. Dabei klemmte er ihr das Bein zwischen Tür und Rahmen ein. Ein blauer Fleck war die Folge.

Ab diesem Zeitpunkt reichte es der Frau endgültig. Sie ging zur Polizei und erstattete Anzeige. Vor Gericht bestätigte die Leidtragende den Sachverhalt. Sie sei jedoch damit zufrieden gewesen, dass der verschmähte Liebhaber nach der Anzeige endlich Ruhe gegeben habe. Ob sie denn stark unter der Nachstellung gelitten und ein Interesse an einer Bestrafung habe, wollte der Richter wissen. Eigentlich nicht, entschied die junge Frau. Hauptsache, er lasse sie jetzt endlich in Ruhe.

Damit stellte das Gericht das Verfahren nach Paragraf 153, geringe Schuld, ein. "Dafür können Sie sich bei der Frau bedanken", gab der Richter dem Angeklagten mit auf den Weg. Das allerdings dürfte schwierig bis unmöglich werden, hat doch die junge Frau die Telefonnummer ihres ehemaligen Verehrers noch immer blockiert.

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