Wunsiedler Wasserstofftage Klarer Kompass für Mammutaufgabe Wasserstoff

Herbert Scharf

Die Wunsiedler Wasserstofftage versammeln Fachleute für die Zukunftstechnologie. Mit Vorträgen, aber auch praktischen Anwendungen im Energiepark demonstrieren sie deren zahlreiche Möglichkeiten.

 
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Der „Wunsiedler Weg“ sei schon als Blaupause für die Energiewende auf der Welt bezeichnet worden. Daran hat Bundestagsabgeordneter Hans-Peter Friedrich bei der Eröffnung der Wunsiedler Wasserstofftage am Donnerstag im gut gefüllten Saal der Fichtelgebirgshalle erinnert. Und die bräuchten, so Friedrich weiter, einen Vergleich mit den Wasserstofftagen in Berlin nicht scheuen.

Realistisch oder Illusion?

Der Initiator der Veranstaltung erwähnte besonders den früheren Bürgermeister Karl-Willi Beck und Marco Krasser, Geschäftsführer des Energieversorgers SWW und geistiger Vater des Wunsiedler Energieparks. Sie hätten die Zeichen erkannt und Firmen wie Siemens dafür interessiert. „Wasserstoff enthält Unmengen an Energie“, fuhr er fort. „Da gilt es, die Energie zu gewinnen und zu nutzen.“ Ob dies realistisch ist oder Illusion, darauf solle die Veranstaltung Antworten geben. An den beiden Tagen stehe das Thema Wasserstoff – derzeit mit den nachlassenden russischen Gaslieferungen ein Topthema – im Mittelpunkt.

„Die Herstellung von Wasserstoff“, fuhr Friedrich fort, „kann zu einem Exportschlager in Deutschland werden.“ Allerdings gebe es einen zeitlichen Druck, denn „die Konkurrenz schläft nicht“. Aber: „Inzwischen hat man in Deutschland gute Anwendungstechnologien entwickelt. Der Wunsiedler Energiepark ist das beste Beispiel dafür.“ Hier würde demnächst Grüner Wasserstoff produziert, für den es bereits Interessenten von Herstellern von Flachglas, Isolatoren und Kfz-Zulieferern gebe. „Der Energiepark kann die Basis sein für eine neue Technologie ,made in Germany’ .“

Schlüsselthema für die Zukunft

Ausführlich ging dann Werner Schnappauf, der ehemalige bayerische Umweltminister und derzeit Vorsitzender des Rates für nachhaltige Entwicklung in Deutschland, auf die Wasserstofftechnologie ein. „Hier geht es, sagte er, „um ein Schlüsselthema für die Zukunft.“ Der CO2-Ausstoß sei mit der Industrialisierung erheblich angestiegen. Die Folgen seien bekannt: die Erderwärmung mit ihren katastrophalen Folgen.

Der Ex-Umweltminister warnte: „Wir stehen jetzt kurz vor dem irreversiblen Kipp-Punkt, der die Bewohnbarkeit des Planeten bedroht.“ Die Folgen, wenn man das nicht mehr in den Griff bekomme, „wären ökologisch riesig“.

„Wohlstand in Gefahr“

Ein weiteres Problem sei der Krieg in der Ukraine, fuhr Schnappauf fort. Inzwischen hätten sich die Gaslieferungen aus Russland bereits um 60 Prozent verringert. Der Stillstand drohe. Wenn der Gashahn komplett zugedreht werde, drohe in Deutschland eine ganz ernste Lage, die die Beschäftigung massiv betreffe. Er warnte: „Damit wäre der Wohlstand in Deutschland in Gefahr.“ Deshalb müsse man bei der Gewinnung anderer, umweltschonender Technologien den Turbo einlegen. Und zwar nicht nur in Wunsiedel, sondern in ganz Deutschland.

Wenn die Pariser Klimaziele nicht eingehalten werden, könnte man sich bei Temperaturen von über 40 Grad Celsius wiederfinden, sagte Werner Schnappauf. „Das ist eine Bedrohung für uns alle.“

Der Krieg in der Ukraine sei auch eine Auseinandersetzung der Systeme – die demokratischen Länder um die USA einerseits und die autoritären Systeme um China und Russland andererseits. „Derzeit vergehen in Deutschland sechs Jahre von der Beantragung bis zum Bau von Windparks. Das muss sich umgehend ändern und auch in einem Jahr möglich sein.“

Lebensgrundlagen umbauen

In den nächsten acht Jahren müsse es gelingen, Grundlagen des Lebens umzubauen, fuhr der Politiker fort und räumte ein: „Das ist eine Mammutaufgabe.“ Was bisher mit Gas betrieben wurde, müsse dann mit Wasserstoff betrieben werden können. „Dafür braucht es einen klaren Kompass für eine nachhaltige Entwicklung. Die ganze Nation sollte dem Wunsiedler Beispiel folgen.“

Stefan Kaufmann, Innovationsbeauftragter für Grünen Wasserstoff in Deutschland, nannte das Erreichen der Klimaziele eine große Herausforderung. Der Grüne Wasserstoff sei der „Gamechanger“ der Energiewende. Die Gewinnungsverfahren für unschädliche Energie müssten vereinfacht werden. Dazu brauche man auch die internationale Zusammenarbeit.

„Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft gelungen“

Eingangs hatte der Wunsiedler Landrat Peter Berek in einer Videobotschaft dem Bundestagsabgeordneten Hans-Peter Friedrich gedankt, dass er die Veranstaltung angeregt hatte. „Hier geht es um Topthemen einer Brücken- und Ersatztechnologie, die gerade in Zeiten knapper Rohstoffe große Bedeutung haben.“ Im Wunsiedler Energiepark gebe es hervorragende Beispiele dafür, wie Wasserstofftechnologie in der Praxis angewendet werden kann. „Hier ist die Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft gelungen. Auf dem ,Wunsiedler Weg’ sind auch die Hochschulen und Universitäten dabei.“

An die Reden schloss sich eine Podiumsdiskussion mit Spezialisten zum Thema „Wasserstoff – globale und lokale Chancen für die Dekarbonisierung von Industrie und Kommunen“ an. Am Nachmittag setzte Marco Krasser vom Energiepark Wunsiedel das Programm fort mit einem Vortrag „Wunsiedler Weg – Energie: Zero Emission.“ Anschließend sprach Alexander Gehling über „Hy-Land – Wasserstoffregionen in Deutschland“. Eine Podiumsdiskussion mit dem Thema „H-Roadmap- Aufbau einer lokalen Wasserstoffwirtschaft“ beschloss das Programm am Donnerstag.

Das weitere Programm:

Am Freitag beginnen die Wunsiedler Wasserstofftage mit der Vorstellung der Wasserstoff-Modellregion Fichtelgebirge durch Jan Friedrich von der endura kommunal GmbH. Es folgt ein Vortrag von Matthias Welzl von der Uni Bayreuth über das Thema „Wasserstoff-Forschung an der Uni Bayreuth – das ZET-Reallabor Energiezukunft Wunsiedel“. Über die „Wasserstoffaufbereitung für die Wasserstoffproduktion“ spricht Andre Renz von Hydrotec Selb, und Andy Gradel von BtX Energy betrachtet „Wasserstoff aus Biogas“. Am Nachmittag folgen Vorträge von Tobias Wätzel vom Hyson-Institut über das Thema „Wasserstoff als Bindeglied der Sektorenkopplung“ und von Alexander Maier von MaierKordulesch/Next Mobility über „Wasserstoff im Verbrennungsmotor“. Ganztägig informieren in der Fichtelgebirgshalle Firmen zum Thema Wasserstoff.

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