Eigener Inhalt Abarth 595: Giftige Skorpiönchen

Wolfgang Plank

Am meisten Spaß macht Autofahren ja gerne dann, wenn man schön sportlich unterwegs ist. Und doch gibt es eine kleine Steigerung: Dann nämlich, wenn die anderen sich fragen, wie um alles in der Welt es derart zügig vorwärts geht.

 
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Dachte sich auch Carlo Abarth, ein im Sternzeichen Skorpion geborener Italiener mit österreichischen Wurzeln, der in den 1950er- und 1960er-Jahren vornehmlich kleine, leichte Autos wie Simca, Alfa und insbesondere Fiat rennsporttauglich und erfolgreich machte. Seine Philosophie: Was wenig wiegt, braucht für die Flottfahrt keinen dicken Motor.

Bald aber waren Autos mit kleinen Hubräumen nicht mehr gefragt – und so verkaufte der Tüftler 1971 an Fiat, wo die Marke mit dem stacheligen Emblem im hauseigenen Museum verschwand. Erst 2008 besann man sich auf die erfolgreiche Geschichte und erweckte den Skorpion wieder zum Leben. Im 124 Spider, vor allem aber im Fiat 500.

Zehn Jahre nun gibt es den Winzling in der aufgestachelten Version 595. Und immer noch sorgt er für diebische Freude. Auf den ersten, flüchtigen Blick einer dieser üblichen Stadtflitzer. 3,66 Meter kurz. Platz für zwei Große, zwei Kleine und ein bisschen Gepäck. Könnte der Zweitwagen vom Nachbarn sein. Ist er aber nicht. Hätte man längst gehört. Von den anderen Nachbarn. Ganz bestimmt aber vom Auto.

Denn da, wo man gut auch einen Zweizylinder vermuten könnte, werkelt schon in der Basis-Version ein 1,4-Liter-Turbo mit 145 PS. Aber das ist erst der bescheidene Anfang. Das gleiche Motörchen gibt es auch mit 165 PS und im Competizione sogar mit 180.

Vor allem letzterer geht ab, dass es die helle Freude ist. In 6,7 Sekunden auf 100 und hoch bis 225. Auch das Gegenteil klappt bestens. Gelochte Scheiben im Durchmesser einer Langspielplatte sorgen für blitzartige Verzögerung. Ein hart, aber nicht kompromisslos abgestimmtes Fahrwerk hält trotz des kurzen Radstandes den für Grip so wichtigen Bodenkontakt und sorgt mit dem differenzialgesperrten Getriebe für pure Lenkrad-Lust.

Natürlich darf man die Frage stellen, ob es so einen Flitzer braucht. Ganz sicher nicht – aber es ist herrlich, dass es ihn gibt. Zumal sich der Competizione auch gesittet bewegen lässt. Ganz ohne blubbernden Klappen-Auspuff. Dann schafft man es in die Nähe des Normverbrauchs von sechs Litern, kann sich an Alcantara und schicken Sportsitzen freuen und daran, wie irritiert um einen herum alle schauen. Macht unterm Strich 25 190 Euro. Mindestens. Wer sich mit 145 PS begnügt, kommt mit 18 490 Euro davon, lässt sich aber jede Menge Spaß entgehen.

Ach ja. Wer sehr viel Glück hat – und obendrein mindestens 39 900 Euro übrig, kann noch einen draufsetzen: Ein paar Exemplare baut Abarth jedes Jahr als 695 Biposto. Markenzeichen: blitzschnell vergriffen. Der hat dann stolze 190 PS, büßt aber aus Gewichtsgründen jeglichen Komfort ein. Hinten gibt’s statt Sitzbank einen Mini-Käfig, vorne Hosenträger-Gurte – und als Türgriff muss ein Gurtband genügen. Meister Carlo hätte seine helle Freude.

Der Clou: Für zehn Riesen plus kann man die Kraft über ein Klauen-Getriebe sortieren. Erfordert leichtes Umdenken im Kopf, bringt aber Zehntel. Wichtig: Nicht lange mit dem wunderschönen Shifter aufhalten, sondern die Gänge brutal einrasten. Macht kurz klonk, können die Zahnräder aber prima ab – besser als vorsichtiges Gestochere.

Für die Südstadt allerdings ist Abarths Giftzwerg kaum noch zu gebrauchen – dafür umso mehr für die Nordschleife.