Kulmbach/Stadtsteinach – Die Verantwortlichen des BRK-Kreisverbandes Kulmbach sind entsetzt. Nachdem es bereits zwei Fälle von Brandstiftung auf dem Gelände der BRK-Zentrale rund um die Flessastraße gegeben hatte (wir berichteten), haben die Attacken gegen das BRK jetzt eine ganz neue Dimension angenommen. Unbekannte haben an einem in der BRK-Wache in Stadtsteinach stationierten Rettungswagen alle sechs Bolzen an einem der hinteren Zwillingsräder des Fahrzeuges gelöst. Der Rettungswagen war mit einem Patienten an Bord auf einer Einsatzfahrt auf der B 289 bei Kauerndorf unterwegs, als die Mannschaft plötzlich zunehmende laute Geräusche und ein schwammiges Fahrgefühl wahrnahm. In letzter Sekunde konnte der Fahrer den Rettungswagen noch sicher stoppen. Und auch der Patient an Bord hat keinen Schaden genommen. „Dem Mann geht es gut“, sagt BRK-Kreisgeschäftsführer Jürgen Dippold. Ihm ist klar: Das hätte in einer Katastrophe enden können.

„Gottseidank sind unsere Fahrer alle bei speziellen Sicherheitstrainings geschult“, kommentiert Jürgen Dippold die schrecklichen Sekunden während dieser Einsatzfahrt. Dippold ist unglaublich erleichtert, dass es dem Fahrer gelang, den Rettungswagen unter Kontrolle zu halten und damit sich, die Mannschaft und vor allem auch den Patienten sowie das sündhaft teure Einsatzfahrzeug vor möglicherweise schlimmen Schäden zu bewahren.

Das Fahrzeug, dem der Anschlag galt, ist eines von nur vier seiner Art im ganzen Landkreis. Es ist besonders hochwertig ausgestattet, wird immer dann losgeschickt, wenn es wirklich ernst ist. „Das ist eine fahrende Intensivstation“, erklärt Jürgen Dippold. Stationiert ist das Fahrzeug in der Stadtsteinacher Rettungswache. Drei Einsätze hatte es am Donnerstag vor einer Woche bereits hinter sich, als es geschah. Dass das Problem von einem der hinteren Räder ausgegangen war, hatte der Fahrer sofort bemerkt. Bei der Kontrolle, als der RTW schließlich auf Höhe der Tankstelle in Kauerndorf zum Stehen gekommen war, stellte sich schnell heraus, was das unsichere Fahrverhalten des Mercedes-Einsatzfahrzeugs verursacht hatte: Alle sechs Radbolzen eines der hinteren Zwillingsreifen waren gelöst worden.

Weil sie ihren Patienten schnell ins nahe gelegene Klinikum bringen mussten, ein Ersatz für den RTW aber nicht schnell genug zur Verfügung stand, behalten sich die Mitarbeiter des Rettungsdienstes mit Bordmitteln, befestigten wenigstens einige Bolzen wieder behelfsmäßig und fuhren in Schritttempo bis zum Krankenhaus, wo dem Patienten geholfen werden konnte. Der Mann ist außer Gefahr.
Das kann man vom BRK und seinen Mitarbeitern derzeit wohl eher nicht sagen. Denn inzwischen steht fest: Das war kein Zufall. Jemand hat mit Absicht alle sechs Bolzen gelockert. Kfz-Experten gehen ebenso wie die Polizei von Vorsatz aus.

Doch damit noch nicht genug: Auch die BRK-Einsatzbereitschaft Kupferberg hat ein Schreckenserlebnis hinter sich. Als die ehrenamtlichen Helfer kürzlich bei einer Übung die große Feldküche in Betrieb nehmen wollten, brannte plötzlich während des Kochens die Bedieneinheit aus. „Das ist ein Gerät, das man in Feld und Wald einsetzt“, sagt Jürgen Dippold. „Da kann man nichts falsch machen.“ Auch in diesem Fall haben die BRK-Leute geistesgegenwärtig reagiert und schwere Schäden verhindern können.

Auch wenn es nun schon zum vierten Mal um Haaresbreite glimpflich ausgegangen ist: Zwei Brandstiftungen, die Sabotage an dem Rettungswagen und der Vorfall mit dem Feldkochherd, machen allen Aktiven des BRK größte Sorge. Viel fragen sich: Was geschieht als nächstes? Sie fragen auch: Wird es immer rechtzeitig gelingen, eine Katastrophe abzuwenden? „Wir machen uns größte Sorgen“, sagt Jürgen Dippold. Wenn in Kulmbach ein Rettungswagen zu einem Einsatz startet, muss von nun an erst eine Abfahrtskontrolle stattfinden. Landrat Klaus Peter Söllner, Kreisvorsitzender des BRK, weiß gar nicht mehr, was er sagen soll: „Man kann es kaum glauben. Das ist unfassbar. Mir fehlen die Worte.“

Auch in den beiden jüngsten Fällen ermittelt nun die Polizei. Es wird geprüft, an welchen Stellen und wo ein Täter Gelegenheit gehabt haben könnte, den Rettungswagen zu manipulieren. Die Feldküche ist jetzt an ein Speziallabor gesandt worden und wird dort auf mögliche Manipulationen überprüft.