"Kunst interessiert keine Sau ..." - Der Titel des neuen dünnen, aber aufschlussreichen Kunst-Bandes aus dem Belser-Verlag ist durchaus provozierend und will vor allem dazu anregen, das grell pinkfarbene Buch aufzuschlagen. Die Absicht, dem geneigten Betrachter die Scheu vor Moderner Kunst zu nehmen, wird noch deutlicher, wenn man das Buch herumdreht. Dort nämlich setzt sich der Titel fort mit "... oder doch? Ein origineller Blick auf die Moderne Kunst".

Allemal außergewöhnlich sind die zwanzig Kunstwerke von ebenso vielen mehr oder weniger berühmten Künstlern der Gegenwart wie Peter Roehr, Claes Oldenburg, Cy Twombly, Jeff Koons, Dieter Roth, Damien Hirst oder Yves Klein. Jeweils vier Seiten widmet Autorin Sandra Danicke jedem, inklusive Abbildung, einer Art Kapitel-Überschrift und zwei Seiten Text. Dieser folgt inhaltlich einem Muster, das anfangs das als Foto vorangestellte Kunstwerk aus der Sicht eines etwas ratlos vor der Modernen Kunst stehenden Durchschnitts-Betrachters im Museum kommentiert: "Und nun? Soll man jetzt interessiert den Kopf von rechts nach links neigen? Outet man sich als Depp, wenn man nicht souverän mit den Schultern zuckt?" Und so fort. Am Ende der Kapitel fügt die Autorin oft eine Anekdote über Künstler und Kunstwerk an.

Dazwischen geht die Kunsthistorikerin auf das Werk selbst ein, erläutert, was es besonders macht, seine Wirkung und die Aussage, die dahintersteht. Am Beispiel von "Work No. 88" des Schotten Martin Creed sei die Kugel aus zusammengeknülltem Papier die simple und doch geniale Verkörperung einer verzweifelten Geste der Hilflosigkeit - eine Darstellung des Gescheitertseins.

Moderne Kunst zu verstehen und sie daraufhin im einen oder anderen Fall auch zu mögen, ist - das lernt man aus der Lektüre des Bandes - eine Sache der Interpretation, des Weiterdenkens über den bloßen, abgebildeten Gegenstand hinaus; und es ist eine Frage dessen, wie viel man über den Künstler, sein Leben, seine politische Einstellung und seine künstlerische Absicht weiß.

Das Werk "Lepanto VII" aus dem Zyklus, den Cy Twombly über die Schlacht von Lepanto 1571 malte, ist demnach nicht einfach ein abstraktes Gemälde mit lustigen Klecksen in kräftigen Farben. Twombly, schreibt Danicke, versuche, das Ungelenke und Fehlerhafte regelrecht zu kultivieren und klassische Kompositionen zu vermeiden; auf diese Weise stelle er hier mit drastischen Mitteln Aggression und Tragödie des Krieges dar. Kerstin Starke

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Sandra Danicke: Kunst interessiert keine Sau ... Belser-Verlag, 88 Seite, gebunden, 12,95 Euro.