Ist das vernünftig? Daheim, in Russland, drohen murrende Untertanen mit Aufstand und Umsturz; doch der Herrscher aller Reußen tourt durch Europa. In Holland erlernt er, inkognito, die fortschrittliche Schiffszimmerei. Von hier muss er endlich nach Haus, um Ordnung zu schaffen. Zuvor aber stiftet Zar Peter schnell noch die Ehe eines fahnenflüchtigen, gleichwohl achtbaren, zudem gleichnamigen Landsmanns mit einer Schönen des Gastlandes. Denn natürlich lässt Albert Lortzing, romantischer Spielopernkomponist, den Herrscher nicht ohne Zeichen allerhöchsten Edelmuts ziehen - einen in Wahrheit feuerköpfigen Machthaber, von dem Historiker wissen, dass er den eigenen Sohn totprügeln ließ, wenn er's nicht gar selber tat. An die Weltgeschichte aber hält sich das - von Lortzing selbst herzhaft getextete - Opernmärchen um den Kaiser, der zugleich "Zar und Zimmermann" sein wollte, nicht: Heute vor 175 Jahren erblickte es in Leipzig das Kunstlicht der Theaterwelt. Seither hält es sich auf den Bühnen frisch, der komplikationslosen Leichtigkeit der Situationen und Verwicklungen wegen, auch durch die von reichlich Theaterblut flüssig durchströmten Figuren und wegen der so fasslichen wie originellen, nie billigen Musik, die Lortzing für sie kunstreich erfand: "O, wie schön die Worte fließen, wie ein Bächlein über Wiesen", schwärmt van Bett, der als Hobbymusiker dilettierende Bürgermeister von Zaandam, als er zur Begrüßung des Zaren mit seinen städtischen Untertanen einen Chor einstudiert: "Gar nicht schwülstig, ganz natürlich, und der Stilus so ausführlich." Was aus dem Mund eines törichten Stadtoberhaupts ironisch gemeint ist, trifft auf Lortzings unverwüstlichen Bühnenhit tatsächlich zu; das erwiesen 2007 und 2008 auch Produktionen der Theater in Plauen und Hof: Ein ungemein publikumsfreundliches, zugleich gediegenes Werk hinterließ der 1851 nur 49-jährig verstorbene Tonsetzer - und eines, unter dessen biedermeierlicher Gemütsart ein paar Prisen Satire kräftig gären.