Bamberg - Die Preisträgerin des Cuxhavener Ringelnatz-Preises für Lyrik 2012, Nora Gomringer, hat ein in der Literaturszene viel beachtetes Gedicht zu Auschwitz geschrieben. Das Thema "hört nicht auf, die Welt ist voller Diskriminierung", sagte die 32-jährige Dichterin, die seit April 2010 in Bamberg das internationale das Künstlerhaus "Villa Concordia" leitet. Das Gedicht unter dem Titel "Und es war ein Tag" erschien 2006 und war für die Cuxhavener Preisjury ein Grund, Gomringer die mit 15 000 Euro dotierte Auszeichnung zu übergeben (wir berichteten).

Das Gedicht ist stakkatoartig geschrieben, der Rhythmus erinnert an die Züge, mit denen Menschen nach Auschwitz deportiert wurden. Sie habe den Text "in einer ganz demütigen Haltung" verfasst, sagte Gomringer, die es nach Auffassung der Ringelnatz-Jury insbesondere versteht, Jugendliche für die Dichtung zu begeistern. Dem Text sei "Bewegung hineingeschrieben, damit sein Thema und sein Nachwirken nicht zu lange lähmen".

Der Holocaust sei ein Lebensthema ihrer Mutter gewesen, berichtet Gomringer. Über sie und die Familiengeschichte habe sie sich Auschwitz genähert. Gomringer: "Mein Großvater war SS-Offizier." Er habe nichts erzählt. "Da war langes Schweigen, Wegschieben." Sie denke jeden Tag ihres Lebens daran, wie es wäre, deportiert zu werden. Das Thema dürfe nicht als historisch abgetan werden. Mit ihrer Sprachkunst wolle sie dazu beitragen. "Ich arbeite mit Effekt, um einen Affekt auszulösen."

"Gedichte können mich hinreißen", fährt die Dichterin fort, die 2004 die Deutsche Meisterschaft im "Poetry Slam" gewann. "Dagegen bin ich machtlos. Da kann und will ich nichts anderes tun. Das Lesen ist ein gigantischer Stimulus." Für ihre lyrische Arbeit wurde sie bereits unter anderem mit dem Jacob-Grimm-Preis für Deutsche Sprache ausgezeichnet.

Der Ringelnatz-Preis soll ihr am 21. April im Stadttheater von Cuxhaven überreicht werden. Nora-Eugenie Gomringer wurde am 26. Januar 1980 im saarländischen Neunkirchen geboren und wuchs in Rehau bei Hof an der bayerisch-tschechischen Grenze auf. Sie hat sieben Brüder.