Hof - Der berühmte Stein fällt Asta Scheib vom Herzen, als die Enkelin des Malers das fertige Werk für gut befindet. Gioconda Leykauf aus Hof hat der Münchner Schriftstellerin viele Fragen über ihren Großvater beantwortet und sie mit zahlreichen Informationen über ihre Familie versorgt. Folglich war sie auch die Erste, die den biografischen Roman "Das Schönste, was ich sah" lesen durfte, in dem Giovanni Segantini im Mittelpunkt steht (wir berichteten). Sensibel hat sich Asta Scheib in die dramatische Lebensgeschichte des Malers (1858 bis 1899) eingefühlt: ein Dasein, das eine unverbrüchliche Liebe überstrahlt.

Nicht nur eine Lesung ist die Veranstaltung der Buchgalerie im Altstadthof. Vielmehr wird ein reger Gedankenaustausch zwischen Asta Scheib und Gioconda Leykauf über das ungewöhnliche freie Leben Segantinis und seiner Frau Luigia Bugatti daraus. Auf der Bühne leuchten zwei herrliche Landschaftsbilder des Malers im Schein der Kerzen, als sich an diesem Abend Literatur und Malerei treffen.

Antrieb, den Roman zu schreiben, gibt ein Malkurs in der Schweiz, zu dem die Autorin mit ihrer Enkelin reist. Er trägt den Titel "Pro-Segantini" und soll dessen Technik weitergeben. "Da hat es bei mir im Kopf gerattert, und ich begann zu recherchieren. Unzählige Menschen in Graubünden habe ich nach Segantini befragt", sagt die 70-Jährige. Zuhause betrachtet die Autorin ein Werk des Symbolisten in der Neuen Pinakothek und findet es "eindrucksvoll, stark und sehr eigensinnig". Für sie ist Segantini ein außergewöhnlicher Maler. "Seine kunstschaffenden Zeitgenossen werden heute allerorts genannt, aber er ist nur in Fachkreisen bekannt. Das fand ich nicht in Ordnung. Deshalb habe ich dieses Buch geschrieben."

Voller Begeisterung erzählt Gioconda Leykauf von ihrem Großvater: von dessen harter Kindheit, die für ihn prägend ist. Stets muss er Hunger leiden. Mit acht ist er Vollwaise, wohnt bei einer Halbschwester in deren Mailänder Stadtwohnung. Als er mehrmals ausreißt, wird er in eine Besserungsanstalt gesperrt. Nicht einmal Lesen und Schreiben lernt er dort, aber er beginnt mit dem Zeichnen. "Diese Kindheit muss man kennen, um ihn und seine Bilder zu verstehen", unterstreicht die Enkelin.

Mit zwanzig ist Segantini die "Hoffnung der Mailänder Kunstakademie" und mit Carlo Bugatti, einem wohlhabenden Bürgersohn und erfolgreichen Möbeldesigner, befreundet. Dessen schöne und verwöhnte Schwester Luigia verliebt sich in den mittellosen, scheuen Maler, der noch dazu keine Papiere besitzt. "Sie haben sehr gut zusammengepasst und sich unendlich geliebt", erzählt Gioconda Leykauf, "aber sie hatten Zeit ihres Lebens Schwierigkeiten mit den Behörden, weil die ganze Familie staatenlos war."

Vermutlich steckt gerade wegen der ständigen Bedrängnis, die Asta Scheib in ihrem Buch eindringlich schildert, so viel Kraft und Eigenwille in Segantinis Werken. Fortwährend erkundet er Landschaften für seine Malerei. Als er mit seiner Frau und den vier Kindern ins Engadin zieht, tut er es des herrlichen Lichtes wegen. Seine Enkelin nennt ihn einen "steten Sucher nach dem Licht".