Hof - Die Romanautorin Brigitte Kronauer und der aus Hof stammende Germanist Professor Dieter Richter unterhielten sich über Jean Paul, dessen 250. Geburtstag gestern gefeiert wurde.

Wer war er, der berühmte oberfränkische Dichter? Was zeichnet sein Schreiben aus, was macht die Lektüre seiner Werke so schwer? Er war, sagt Richter, ein politischer und auch ein pädagogischer Autor ("Lasst den Kindern ihre Kindheit"); er war, sagt Kronauer, ein hocherotischer Autor und "überhaupt kein Idylliker". Er war ein Fantast und Visionär, der mit dem inneren Auge sah. Seine Literatur, sagt Kronauer, sei von Nervosität durchzittert; die Unruhe sei das Moderne an ihm. Und er war, sagt Richter, "persönlich ein Zwangscharakter". Beide, die sich da vor knapp fünfzig Menschen angeregt unterhielten, nannten ihre Lieblingstexte von Jean Paul: Kronauer eine Passage aus der "Selberlebensbeschreibung", in der den Dichter - er ist noch ein Kind - gegenstandsloses Sehnen erfasst, Richter eine Stelle aus dem "Luftschiffer Giannozzo", in der es dezidiert um die Freiheit geht. Die größte Schwierigkeit bei der Lektüre ist, wie der in Bremen lebende Professor sagte, dass Handlungsstränge zu verpuffen und sich aufzulösen pflegen.

Mitreißend sei jedoch die Wortmusik; sie könne den Leser in einen Rauschzustand versetzen und süchtig machen. Kronauer räumte ein, dass man sich durch das Werk des Oberfranken mühsam "fräsen" müsse: "Aber die Schwierigkeiten, Jean Paul zu lesen, nehmen mit jedem Buch ab."

Zum 250. Geburtstag des Dichters wünschte sich die Autorin, dass erstens die Leute ihre Angst vor ihm verlieren und dass zweitens seine Texte in einer preiswerten Ausgabe zugänglich werden. Richter freute sich über die gerade jetzt deutlich werdende große Neugier auf Jean Paul, auch dort, wo er nicht gelesen wird: "Schön wäre es, wenn es so bleibt."