Hamburg/Hof - Er heimst so viel Lob ein wie seit Johann Christian Reinhart kein in Hof geborener Künstler mehr: Am kommenden Montag werden Kollegen aller Sparten den 80-jährigen Maler Armin Sandig im Hamburger Atlantic Hotel Kempinski hochleben lassen. Anlass ist ein ungewöhnliches Jubiläum: Seit 30 Jahren amtiert Sandig in der Hansestadt als Präsident der Freien Akademie der Künste. Nachdem ihm bereits 1999, zum 70. Geburtstag, eine umfangreiche Festschrift gewidmet worden war, erschien nun abermals ein Buch mit vielen Texten und Bildern; es trägt den Titel "Armin Sandig zu Ehren".

Aktzeichnen, wöchentlich

Es ehren ihn darin berühmte Schriftsteller wie Günter Grass ("ein begnadeter Maler") und Siegfried Lenz ("couragiert und kenntnisreich"). Der Dramatiker Rolf Hochhuth freut sich, dass Sandig jede Woche sein Aktzeichnen kultiviert, und illustriert mit drei Resultaten solchen Tuns eigene Gedichte erotischen Inhalts: "Besseres als Worte im Mund. Sie oben." Auch Regisseur Jürgen Flimm dichtet für "den genialen Wuschelkopf / mit dem grauen Zauselschopf", auf den der liebe Gott herabschaut und befindet: "Was bin ich froh, dass ich den hab." Grußworte steuern noch viele andere prominente Akademie-Mitglieder bei, unter ihnen die Theaterleute Christian Quadflieg und Ilse Ritter, die Dirigenten Gerd Albrecht und Christoph von Dohnányi, die Autorinnen Ulla Hahn, Friederike Mayröcker und Christa Wolf.

Dass die Berufung in die Freie Akademie eine Auszeichnung ist und dass sie sich dadurch sowie durch ihren interdisziplinären Charakter ("Alle Künste unter einem Dach") von anderen Künstler-Zusammenschlüssen unterscheidet, das betont der Herausgeber des Buches, der langjährige NDR-Kulturredakteur Hanjo von Kesting. Nach seinen Worten hat Sandig als Präsident der Akademie eine ganz ungewöhnliche Energie entfaltet. Als "ihre leibhaftige Verkörperung, ihr gelebter geistiger, künstlerischer und persönlicher Zusammenhang" gilt er, und natürlich, als unersetzlich.

Feuer der Jugend

Auch Sandigs Geburtsort findet gelegentlich Erwähnung in dem Buch. Der Künstler sei, schreibt der Schweizer Dichter Adolf Muschg in einer Lobrede, "aus Hof im Vogtland an die Elbe gekommen, aus einer Stadt, in der es einen Fernweh-Park, ein Teddybären-Museum und einen Untreusee gibt". Man erfährt, dass Sandig 1947 den Jean-Paul-Preis der Stadt Hof erhielt und dass er sein erstes Geld achtzehnjährig durch Film-, Theater- und Kunstkritiken für die Oberfränkische Volkszeitung verdiente, die man bis 1971 in Hof lesen konnte. Dabei schrieb Sandig mit so viel jugendlichem Feuer, dass Protestbriefe verfasst wurden und Kinos ihm Hausverbot erteilten.

Der Künstler selbst erwähnt die "ein wenig muffige Nestwärme des elterlichen Kolonialwarenladens" und blickt auf die Zeit zurück, als er zu Beginn der 50er-Jahre "unterkunftsmäßig zwischen Hof und München pendelte". In der Landeshauptstadt wurde er von dem Kritiker Franz Roh gefördert, der einen Brief an seine Mutter schrieb, um sie "mit dem für Kleinstadt-Kleinbürger unverständlichen, ja gefährlichen Beruf eines Kunstmalers zu versöhnen". In "verwandter plus didaktischer Hinsicht" brachte er auch einen Artikel in der Frankenpost unter.

Interessant ist die im Verlag Hoffmann und Campe vorgelegte Festschrift nicht zuletzt wegen der Texte aus Sandigs eigener Feder. Zu lesen sind unter anderem Aufsätze über den Schriftsteller Hanns Henny Jahnn, der die Akademie vor 60 Jahren begründete - man kann am Montag in Hamburg also ein Doppeljubiläum feiern -, über den Dichter Helmut Heißenbüttel und den Literaturwissenschaftler Hans Mayer. Bei der Lektüre geht dem Leser auf, dass der bedeutende Maler zugleich ein Meister der Prosa ist. "Das", bekennt Schauspielerin Ilse Ritter, "war für mich eine neue Entdeckung."

In seiner Vaterstadt wird Armin Sandig übrigens im September wieder einmal anwesend sein. Dann ehrt ihn Hof mit einer großen Ausstellung in der Galerie im Theresienstein des Kunstvereins; die Rede zur Eröffnung wird sein alter Freund, der Schriftsteller Claus Henneberg, halten.