Nürnberg - Wenn dann die Halle, wie am Samstag in der Nürnberger Arena, auch noch bestuhlt und abgetrennt ist: Dann ließe sich ein gewisser Frust bei einem Künstler nachvollziehen. Nicht so bei Jarre. Der inzwischen 68jährige Synthesizer-Magier macht, was er immer macht: Er kredenzt seinen Anhängern eine schier unglaubliche Vehemenz an Reizen.

Die Show des in Lyon gebürtigen Süd-Franzosen ist ein einziges Brett. Ein Festival für die Sinne. Anfangs fast heimelich, wären nicht die monumentalen, die Beine erschütternden Bässe, minütlich pompöser. Jean Michel Jarre garniert seine Hits mit einer gigantischen LED-Lichtshow, die so manchen Künstler blass vor Neid werden lassen dürfte. Doch nicht nur die optischen Reize verleiten zu Wow-Effekten am Stück. Auch musikalisch präsentiert er, der Megakonzerte mit bis zu über 3 Millionen Zuhörern absolvierte, sich auf allerhöchstem Niveau. Mit kleinen Schwächen überzeugte das Soundsystem und der optisch bedenkenlos als 20 Jahre jünger durchgehende Magier an den Tasten kredenzte ein Feuerwerk an Synthesizer-Klängen. Nicht nur Klassiker aus der Anfangszeit. Auch aus der im Dezember erscheinenden Scheibe Oxygene 3 - er vollendet damit die Trilogie - gab es Kostproben. Und was soll man sagen? Die neuen Stücke, passenderweise Oxygene 14 - 20 getauft, stehen früheren Werken (die er gerne auch techno-geremixed präsentiert) in nichts nach.

Das begeisterndste Detail bei Jarres Show: Er lässt das Publikum teilhaben an seinen Fähigkeiten. Mit einer speziellen Kamera gibt es immer wieder Einblicke in sein Tun an den Tasten: Wie er fingerfertig über seine Arbeitsgeräte huscht und wahre Klangteppiche erzeugt: Live und schlichtweg imposant. Das Gesamtpaket aus Synthesizern, zwei Musikern als grandiose Unterstützung im Hintergrund, so ziemlich allem, was die digitalen Technologien hergeben und einem gut aufgelegten Künstler ergeben in der Summe einen Abend der Superlative. Man muss kein Prophet sein, um festzustellen, dass die Liveshow des Ausnahmekünstlers, Produzenten und Komponisten Maßstäbe setzt.

Und wie bombastisch ein Abend ohne Gesang, mit wenigen Akkorden, mit wenig Text (der eingespielte Edward Snowden als große Ausnahme) sein kann: Daran dürfen sich die stark im Trend liegenden Diskjockeys gerne ein Beispiel nehmen. Felix Jähn, Robin Schulz, Jarres Landsmann David Guetta und Co. verblassen im Schatten des Meisters gewaltig. Es sind mehr als nur Maßstäbe, die Jarre setzt. In einem Zeitalter der Reizüberflutungen liefert er den Beweis, dass weniger nicht immer mehr ist. Schlichtweg: Wow.