Joditz – Für Menschen, die Jean Paul und sein Werk kennenlernen wollen, haben Karin und Eberhard Schmidt ein paar gute Tipps. „Einheimische“, so raten sie, „sollten auf jeden Fall zuerst seine ,Selberlebensbeschreibung’ lesen, da kommen die Orte seiner Jugend vor – von Wunsiedel über Joditz und Hof bis Schwarzenbach/Saale –, der Leser wird vieles wiedererkennen und kann sich in den jeanpaulschen Stil einlesen; dann auch den Roman ,Siebenkäs‘, der in Hof, respektive ,Kuhschnappel’, spielt.“ Neu-Lesern, die keinen Bezug zur Jugendheimat des Dichters haben, legen die Schmidts zuallererst Günter de Bruyns Biografie „Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter“ ans Herz „und natürlich den ,Wutz’ – da findet man selbst beim zehnten Lesen noch unbekannte Stellen“.

Schon der Schweizer Schriftsteller Peter Bichsel hat festgestellt, dass Jean Paul zu lesen damit vergleichbar sei, eine Fremdsprache zu lernen. Daher empfiehlt Karin Schmidt: „Lesen Sie Jean Paul laut, haben Sie Mut zur Lücke und lesen Sie seine Bücher nicht Seite für Seite.“ Diese Ratschläge – und vor allem noch unzählige wunderbare Kleinigkeiten und Anekdoten über und rund um den Dichter – erfährt der Besucher des von Karin und Eberhard Schmidt vor genau zehn Jahren gegründeten und mit viel Liebe und Engagement geführten, kleinen Museums in der Dorfmitte von Joditz.

Am 235. Geburtstag Jean Pauls, dem 21. März 1998, eröffneten sie das Haus – an authentischem Ort: in dem einstöckigen, an den Hang geschmiegten Gebäude im ehemaligen Pfarrküchengarten, aus dem der kleine Johann Paul Friedrich Richter ein ums andere Mal für die Mutter Kräuter geholt hat. Ein wahres Schatzkästlein.

Die Liebe Eberhard Schmidts zu diesem Klassiker unter den romantischen Romanciers begann vor 28 Jahren. Damals Inhaber einer Buchhandlung in Hof, suchte er nach einem passenden Zitat für einen bestimmten Anlass, arbeitete dafür viele Bücher Jean Pauls durch und „fand sie toll“. Zugleich wurde ihm bewusst, dass der Dichter „unterbewertet ist“ – gerade hier. Ermutigt durch den großen Zuspruch für eine De-Bruyn-Lesung, die die Schmidts damals noch in ihrem Antiquariat in Draisendorf (Landkreis Hof) veranstalteten, und weil gerade ein passendes Gebäude in Joditz zum Verkauf stand, beschloss das Ehepaar, ein Museum einzurichten, und wechselte seinen Wohnort; denn, so Eberhard Schmidt: „Jean Paul und Joditz – das war für mich ein Muss.“

Schon die Eröffnungsveranstaltung übertraf alle Hoffnungen. „In der Kirche waren 400 Leute – das hatten wir niemals erwartet“, erinnert sich Karin Schmidt. Es gab also doch literarisch Interessierte – darunter viele, die selbst schreiben –, die von Jean Paul fasziniert sind; für die Schmidts eine Bestätigung: „Das Museum war längst überfällig.“

Zu den Exponaten aus dem Jahr 1998 sind längst noch einmal so viele dazu gekommen: durch Schenkungen wie die einer Erstausgabe der Werke aus dem Jahr 1826 oder Gemälde; durch Kauf-Angebote oder bei Versteigerungen, wo Briefe und Schriften erworben wurden und werden; so auch das neueste Kleinod, eines von wenigen Exemplaren von der „Auswahl aus des Teufels Papieren“ von 1789. Seit 2000 geben die Schmidts in der „Jean-Paul-Edition Joditz“ in wunderschönen Bänden selbst Texte des Dichters heraus: für die Leser mit sicherer Hand ausgewählt und „gut verträglich“ serviert.

Dass Jean Paul – der seit seinem Tod 1825 immer wieder mal ganz vergessen war – nicht totzukriegen ist, beweist der Umstand, dass Eberhard Schmidt allein heuer Hilfestellung für drei Facharbeiten geleistet hat; immer öfter muss er auch Vorträge halten, und schließlich sprechen die Gästebücher buchstäblich Bände. Hier finden sich begeisterte Glückwünsche und „Weiter so!“-Grüße aus Irland, der Schweiz, aus Japan, Bremerhaven, Berlin, Hamburg ... ach ja, und aus Wunsiedel, Schwarzenbach und Hof auch.

Übrigens, das wunderbare Zitat, das Eberhard Schmidt bei der ersten Begegnung mit Jean Paul schließlich auswählte, lautet: „Lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über Sterne.“

Besuche des Jean-Paul-Museums in Joditz nach Vereinbarung unter (0 92 95) 81 88.