Er ist davon überzeugt, dass Literatur etwas bewirken kann. "Sie kann klüger, menschlicher und gütiger machen", sagt der Schriftsteller Erich Loest, der heute vor 85 Jahren im sächsischen Mittweida geboren wurde. Er war Hitlerjunge und - in der Frühzeit der DDR - Mitglied der SED. Den Glauben an den Kommunismus verlor er durch die Ereignisse um den Ostberliner Volksaufstand vom 17. Juni 1953. Dass er sich fortan für Demokratisierung einsetzte, brachte ihm den Vorwurf konterrevolutionärer Gruppenbildung ein. Sieben Jahre - die er später als "gemordete Zeit" einstufte - musste er im berüchtigten Stasi-Zuchthaus Bautzen verbringen. Nach der Freilassung 1964 hielt er sich mit humoristischen Kurzgeschichten und anspruchslosen Krimis, die er zum Teil unter Pseudonym verfasste, zurück und über Wasser. Aber sein eigentliches Anliegen war es, die Lebenswirklichkeit im real existierenden Sozialismus wahrheitsgemäß zu beschreiben. Dies gelang ihm 1978 überzeugend mit "Es geht seinen Gang oder Mühen in unserer Ebene". Obwohl (oder weil) sich ein Bestseller-Erfolg ankündigte, gab der Verlag die Rechte an den Autor zurück. Wenig später trat er aus dem DDR-Schriftstellerverband aus, 1981 erhielt er ein Visum für die Bundesrepublik. Seit 1989 lebt er wieder in Leipzig, das er als seine "Wirkungsstadt" bezeichnet. Ihr setzte er mit Büchern wie "Nikolaikirche" - über die Vorgänge zur Wendezeit -, "Völkerschlachtdenkmal" und "Reichsgericht" ein literarisches Denkmal. Das eigene bewegte Leben beschrieb er schon 1981 in der Autobiografie "Durch die Erde ein Riss". Im vergangenen Herbst, als ihm der Deutsche Kulturrat seinen Kulturgroschen verlieh, verabschiedete sich Loest aus dem Literaturbetrieb. Sein Gedächtnis lasse immer mehr nach, sagte er, darum werde er keine Romane mehr schreiben und ziehe sich in den Ruhestand zurück.