In Jim Abrahams' US-amerikanischem Kino-Klamauk "Hot Shots" blickt Charlie Sheen seiner Filmpartnerin verknallt ins Gesicht und säuselt: "Ich habe die Augen meines Vaters." Dann holt er eine Schatulle aus der Tasche, öffnet sie - und drin liegt es, Papas Augenpaar ... zwei gaffende Kugeln, als wären sie aus Glas. In Wirklichkeit werden derlei Replikate wichtig, wenn ein Schicksalshieb alles zwischenmenschliche Geplinker und Geplänkel unterbricht und ein Mensch sein Augenlicht verliert. Zum Lachen ist das dann keineswegs. Denn so einer büßt einen der wichtigsten Wege zur Welt ein. Wenn er noch dazu einen Augapfel oder gar beide dreingeben muss, hat er auch noch ganz pragmatisch um seine Gesundheit zu fürchten. Werden nämlich die Höhlen nicht durch Ersatz gefüllt, drohen Deformationen des Schädels oder Entzündungen. Eine medizinisch untermauerte Augenprothetik geht auf den erfinderischen Glasbläser Ludwig Müller-Uri (1811 bis 1888) zurück, der das Städtchen Lauscha im Thüringer Wald zum Zentrum einschlägiger Fabrikate machte. Im dortigen Museum für Glaskunst schaut noch bis zum 6. Februar die Ausstellung "Kunstaugen - Augenkunst" auf 175 Jahre künstliche Menschenaugen aus Deutschland zurück. Dabei zeigt sich unter anderem: Kugelrund ist solches Produkt nicht, sondern ein unregelmäßiges Gebilde (Foto), dessen Bucht- und Wölbungen sich der Kopfhöhle exakt einpassen. Heute vermögen Okularisten - wie sich die Augenmacher vornehm nennen - alle filigranen Einzelheiten einer natürlichen Iris, des Glaskörpers, des Aderngeflechts ununterscheidbar nachzuahmen. Und das ist gut so: dringt doch einer, dem andern in die Augen schauend, tief ein in dessen Herz und Seele. Das gläserne Imitat gibt dem Blick immerhin eine Ahnung von beidem zurück und vervollständigt so das Bild eines Menschen als entscheidendes Detail. Ist der Augenblick unter den Zeiteinheiten eine der kürzesten, so muss er unter den Momenten zwischenmenschlicher Anziehung als der wohl innigste gelten.