„Du, Mann an der Maschine in der Werkstatt. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst keine Wasserrohre und keine Kochtöpfe mehr machen – sondern Stahlhelme und Maschinengewehre, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!“ Natürlich wusste Wolfgang Borchert, dass es nie, schon gar nicht unter der Hitlerdiktatur so einfach war, sich zu verweigern. Als Pazifist mit widersetzlichem Temperament hat auch er – nach Buchhändlerlehre und Schauspielunterricht – 1941 in den Krieg ziehen müssen. Der demütigende Drill, die klirrende Kälte in Russland setzten ihm hart zu. Selbstverstümmelung warf man ihm fälschlich vor und, mit mehr Grund, freche Spötteleien über Joseph Goebbels, den plärrenden Chefpropagandisten des Nazireichs. In Haft saß er dafür und wurde danach zur „Feindbewährung“ einem Strafbataillon zugeteilt. Die versehrenden Schrecken von Krieg und Gefangenschaft erfuhr er am eigenen Leib und an zahllosen fremden Beispielen. So krank, dass er sich, für den Rest seines kurzen Lebens nicht mehr erholte, wurde er doch binnen Kurzem zum Begründer der deutschen Heimkehrer-, Nachkriegs- und „Trümmerliteratur“. Aus dem Geist des kurz zuvor noch verfemten Expressionismus, in Geschichten wie „An diesem Dienstag“, hauptsächlich im Hörspiel und Theaterstück „Draußen vor der Tür“ bildete er ohne Weinerlichkeit und Rechtfertigungen, dafür voll Trauer und Anklage die Zerstörung der ausgebombten Städte, die Verstörung der Menschen, die Schuld der Täter, auch die der Mitläufer und Weggucker ab, in einer lakonischen, doch zeichenhaften, erfinderischen und detailfeinen Sprache. Die unüberschaubare Not in den Wüsteneien des Landes, die Auflösung des Zusammenlebens mussten dem gebürtigen Hamburger als hoffnungslos und unumkehrbar erscheinen, als er gestern vor 60 Jahren, mit 26, in Basel einem Leberleiden erlag. „Nein!“, sagen glaubhafte Wehr- und Kriegsdienstverweigerer, auf den Appell seines letzten literarischen Textes sich berufend, „NEIN!“, noch heute mit der Unumstößlichkeit von Borcherts Großbuchstaben.