Im Jahr 1984 veröffentlichte der in Paris lebende tschechische Schriftsteller Milan Kundera einen Roman, dessen Titel als Redewendung in den deutschen Sprachschatz einging: "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins". Im Sinne Kunderas unerträglich sei es, meint dazu die Duden-Redaktion, dass ein Menschenleben kein Gewicht habe und wie Staub verfliege. Romane schreibt der jetzt 82-jährige Autor nicht mehr. Aber soeben ist bei Hanser ein Essayband von ihm erschienen; er heißt "Eine Begegnung" (205 Seiten, 18,90 Euro) und enthält Reflexionen über Künstler, die Kundera als seine "alten Lieben" bezeichnet, unter ihnen Dostojewskij und Philip Roth, Beethoven und Brecht. Der erste und längste Beitrag aber ist einem Maler gewidmet, dem Iren Francis Bacon (1909 bis 1992). Ihm weist Kundera, ebenso wie Bacons fast gleichaltrigem Landsmann Samuel Beckett (1906 bis 1989), eine Ausnahmestellung zu. Beide, schreibt er, bildeten in seiner imaginären Galerie der modernen Kunst seit langem ein Paar: "Beckett machte sich genauso wenig Illusionen über die Zukunft der Welt und der Kunst wie Bacon." In dem Bewusstsein, das Ende einer Zivilisation zu erleben, hätten sich der Maler und der Schriftsteller nicht mit einer Gesellschaft auseinandergesetzt, sondern "in brutaler Konsequenz" mit der physiologischen Materialität des Menschen. Auch für mich, wie für Kundera, waren Bacon und Beckett zwei Größen, die ich mehr als alle anderen bewunderte. Vom "Warten auf Godot"-Autor, der 1969 den Nobelpreis für Literatur erhielt, an der Verleihungszeremonie aber nicht teilnahm, besitze ich alles, was er je veröffentlicht hat, und noch heute zucke ich alarmiert zusammen, wenn ich in Buchhandlungen den Namen Beckett lese. Das geschieht in letzter Zeit immer öfter, und freilich ist es stets nur der Krimiautor Simon Beckett, für dessen Werke geworben wird. Sein jüngstes Buch, "Verwesung", kletterte im Nu auf Platz eins der Bestsellerlisten. Das hat sein großer Namensvetter niemals geschafft: So ungerecht ist die Welt.