Hof - Der Saal im Haus Theresienstein ist proppenvoll. Lukas Spranger und Carsten Striepe haben den Frankenslam nach Hof gebracht, und bereits eine Stunde vor Beginn war die Veranstaltung so gut wie ausverkauft. An den Tischen und in den Stuhlreihen vor der Bühne drängten sich Neugierige und Slammer sowie zahlreiche Fans, die aus ganz Franken angereist waren, um ihre Kandidaten lautstark zu unterstützen.

Die Musik wummerte, dann griffen sich die beiden Moderatoren Lukas Spranger und Peter Kampschulte die Mikrofone und kündigten die "demokratischste Form" einer Dichterlesung an: Schließlich bestimmt beim Poetry Slam das Publikum - zunächst über Juroren, dann über die Lautstärke des Beifalls - den Sieger. Der neue deute Vize-Meister Jan Philipp Zymny aus Dortmund gab als Anheizer einige Kostproben seines Könnens und trieb den Zuhörern damit die Lachtränen in die Augen.

Dann wurde es ernst für die 15 Poeten am Start. Vorjahressieger Christian Ritter aus Bamberg hatte gleich in der ersten Staffel seinen Titel zu verteidigen. Er stellte "Jenny" vor, die beim Versuch, ein Referat zu halten, ihre sachlich orientierten männlichen Kommilitonen zur Weißglut treibt. Kalt über den Rücken lief es manchem Zuhörer, als Paddi Regört aus Ansbach sich in die Psyche eines Pädophilen hineinversetzte. Dagegen vertiefte sich Clara Nielsen aus Bamberg poetisch in die raue Welt ihrer Großmutter, die während der Ferien am Land noch arbeiten musste - im Gegensatz zur komfortablen Geborgenheit der Kinder von heute. Peter Parkster aus Nürnberg schilderte seine frustrierende Suche nach einer Partnerin im Internet. Dagegen ging es "Bybercap", fürs Erlanger "E-Werk" am Start, um Liebe. Denn: "Liebe ist Leben."

Dass Sex beim Poetry Slam eine besondere Rolle spielt, ist klar - handelt es sich bei dieser Kunstform schließlich um eine Domäne junger Männer. Frauen haben es da eher schwer. Obwohl in der zweiten Staffel Shiva Kianpoor, für Fürth im Rennen, mit harten Bandagen kämpfte. Mit den Augen eines verurteilten Mörders blickte sie zurück auf das, was im Leben schiefgelaufen ist. Tobias Schmolke aus Bayreuth kritisierte das Streben nach Einzigartigkeit, das absurde Züge annehmen kann. Ben Bögelein aus Weißenburg stellte den coolen Lebenslauf eines Taugenichts vor, der es wider Erwarten dank der Unterstützung durch Freunde und Familie zum Lehrer bringt. Für Hof trat dann Carsten Striepe ans Mikrofon. All den "Müll", der Menschen krank und schlecht macht, prangerte er an, und die Untätigkeit vermeintlich mündiger Bürger, die aufstehen sollten gegen das, was sie kaputt macht. Matthias Schmitt aus Forchheim glaubt als Rapper an das Gute im Menschen, auch an die Notwendigkeit von Ordnung und Visionen sowie an die Fähigkeit, Lösungen zu finden.

Der mit 68 Jahren weitaus älteste Teilnehmer, Sigi Hirsch aus Bamberg, eröffnete die dritte Staffel. Für Würzburg ging er an den Start und brachte mit witzigen Kurzkrimis sein Publikum zum Kreischen. Mit dem Thema Vorurteile beschäftigte sich Helmuth Steierwald (Erlangen "Revolte"), der einen "Deutschländer" auf Urlaub in Istanbul scheitern lässt. Felix Kaden aus Schweinfurt startete einen Rundumschlag gegen Missstände in der Gesellschaft und forderte: "Wir müssen Taten wagen!" Das Publikum bezog Martin Geier aus Lauf in seinen Vortrag ein. Auf Handzeichen durfte es "Melanie" schreien, den Namen der Person, dem Geiers Rache galt. Paranoid reagiert der Vater in Thomas Schmidts Kurzprosa auf die Avancen, die ein junger Mann seiner Tochter macht.

Am Ende standen Sigi Hirsch, Paddi, Christian Ritter und Tobias Schmolke im Finale. Der Ansbacher holte sich den Sieg mit einer Kurzstory über einen, der sich beim Abhängen im Park mit Nürnberger Club-Fans, Rentnern und anderen Widersachern konfrontiert sieht und schließlich Schutz im Knast findet. Klatschen, Schreien, Pfeifen - das Publikum kürte sich durch Lautstärke den nun für ein Jahr amtierenden Frankenslam-Meister.

Dann stürzten schon die Mitbewerber auf die Bühne und umarmten Paddi stürmisch, der die Flasche Sekt entkorkte und sichtlich gerührt seinen ersten Titel feierte. Den wird der 25-jährige Student der Energietechnik dann in Bayreuth verteidigen müssen.