Bayreuth - Wer neugierig das neu konzipierte Jean-Paul-Museum in Bayreuth betritt, wird sogleich mit einem kurzen Blick hinter die Kulissen belohnt, will heißen: hinter Jean Pauls Bücherregal, ins Allerheiligste. Dort zwischen den Buchreihen erkennt man in einem kleinen Raum einen unordentlichen Schreibtisch mit Feder und vielen Papieren, eine Standuhr, einen Tisch mit zwei Stühlen und ein paar kleineren Tischchen. Ein paar Papiere - wohl einige von Jean Pauls notorischen Exzerpt-Zetteln - sind sogar aus dem Zimmerchen herausgeflogen, schweben in der Luft.

Dieser erste Einblick - der keineswegs authentisch ist, denn Jean Paul hat das Haus in der Wahnfriedstraße nie betreten - bleibt das Einzige, das entfernt an das alte Museum erinnert, wie es sich den Besuchern noch vor einem halben Jahr präsentierte. In etwa vier Monaten - vom Todestag am 14. November bis zum Geburtstag am 21. März - ist aus den Räumen mit der wohl bedeutendsten Privatsammlung zu Jean Paul des Stifters Dr. Philipp Hauser ein modernes Museum geworden.

"Bislang hatten wir eine ausgestellte, wertvolle Sammlung, die man bestaunen konnte, ohne jedoch allzu viel über Jean Paul zu erfahren", sagte Museumsleiter Dr. Sven Friedrich gestern bei der Neueröffnung. "Jetzt aber haben wir ein Museum!" In den elegant in weinrot gehaltenen Räumen könne man Antworten auf Fragen finden wie "Wer war dieser kauzige Dichter?", "Warum war und ist er so bedeutend?" oder "Warum könnte man vielleicht Lust bekommen, das eine oder andere seiner weiß Gott dicken Bücher doch einmal versuchsweise aufzuschlagen?"

Gerade in ihnen, seinen Büchern, fährt der Museumsleiter fort, befinde sich der eigentliche Jean Paul, "während der wirkliche gelegentlich so unwirklich scheint, als sei er selber einem seiner Bücher entsprungen". Und doch könne das neue Museum Erlebnisräume schaffen, die aus der Art ihrer Gestaltung und wie sie die Exponate in Szene setzen, etwas über die Ausstellungsstücke und ihr Thema mitteilen.

Seiner "Aufgabe, eine Geschichte zu erzählen, etwas zu vermitteln und dem Besucher Hilfen, Einstiege und Erläuterungen zu geben", wie Dr. Friedrich sagt, wird das neue Museum mehr als gerecht. Die Texte an den Wänden sind prägnant, kurz und bewusst einfach gehalten. Der Museumsleiter erläutert, warum: "Geradezu als Kontrapunkt zu den überwältigenden Sprachkunstwelten Jean Pauls sollen sie fast lakonisch und für jeden verständlich das Wesentliche fassen." An den Wänden verlaufen Vitrinen, die - unter Glas - handschriftliche Dokumente, kostbare Buchseiten und Briefe präsentieren; dazu finden sich in Schubladenauszügen weitere Handschriften.

In der Mitte eines jeden Raumes sind in mannshohen Vitrinen Texte Jean Pauls in ihren Erstausgaben ausgestellt. Und wer sich nicht zu sehr durch das Lesen der Texte vom Schauen ablenken lassen will, kann sich das Museum und seine Inhalte auch über einen Audioguide in deutsch, englisch und französisch erklären lassen. An einer Medienstation hört man außerdem über Kopfhörer Lesungen von Texten wie der "Rede des toten Christus vom Weltgebäude herab, dass kein Gott sei". Im letzten Raum geht es vorwiegend um die Denkmalwerdung des Dichters, der, so Dr. Friedrich, selbst "in Biografie und Werk wenig für sein Nachleben getan" hat.

Bayreuths Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe würdigte die Leistung des vierköpfigen Teams um Museumsleiter Dr. Sven Friedrich und Kurator Dr. Frank Piontek und bewunderte ebenfalls die geänderte Konzeption, die der Münchner Museumsgestalter Florian Raff umgesetzt hat: "Stand früher die Chronologie im Mittelpunkt, geht es jetzt nicht nur um den Dichter, sondern eben auch um den Typen Jean Paul." Das Museum sei "ein schöner, ein heiterer, aber eben auch ein würdiger Rahmen für die bedeutende Sammlung". Jean Paul sei dabei, seine Heimat Oberfranken zurückzuerobern; dazu trage das Museum ebenso bei wie der Jean-Paul-Weg, das Geburtszimmer in Wunsiedel, das Museum in Joditz und die Rollwenzelei.

Eine Kostprobe von des Dichters Sprachkunst gab zum Abschluss der langjährige Festspiel-Solist, Kammersänger Franz Mazura, mit einer Lesung aus Jean Pauls "Die wunderbare Gesellschaft in der Neujahrsnacht".

Bisher hatten wir eine ausgestellte Sammlung - jetzt haben wir ein Museum!

Dr. Sven Friedrich


Eintritt frei

Im Jubiläumsjahr 2013 kostet die Besichtigung des neuen Jean-Paul-Museums in der Wahnfriedstraße keinen Eintritt.

Zur Finanzierung des Museums-umbaus in Höhe von rund 300 000 Euro trugen neben der Stadt Bayreuth als Eigentümerin des Hauses und der Sammlung die Zuschussgeber Oberfrankenstiftung bei, die Bayerische Landesstiftung, der Kulturfonds Bayern und die Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern.