Brand in der Oberpfalz - Es ist alles anders an diesem Abend im Mehrzwecksaal in Brand. Das wurde bereits vor dem Konzert deutlich: kein dreispaltiges Programm mit Erläuterungen zu Titel, Komponist und Bearbeiter. Eine einzige Spalte genügte, denn Philipp Riedel deckt alles ab. Es wird Klavier gespielt bei diesem Konzert, und es wird gesungen, wobei über weite Strecken des Abends auf dem Notenbrett des Flügels nicht mehr liegt als eben dieses aufgeschlagene Programm, das lediglich die Titel auflistet.

Luisenburg

In der neuen Spielzeit erleben die Besucher der Luisenburg Philipp Riedel als musikalischen Leiter des Familienmusicals "Madagascar". Außerdem ist er musikalischer Co-Leiter des Musicals "Grease" und spielt das Klavier in der Luisenburg-Band. Es ist, nach einem kurzen Intermezzo als Begleiter im Sommer 2018, das erste Engagement des Künstlers, der seit Jahren in Wunsiedel wohnt, für die Festspiele in verantwortlicher Position.


"Von Shakespeare bis Kästner" heißt sein Programm. Näherer Hinweis dazu: "Ein Streifzug durch alle Programme" von Philipp Riedel. Und deren gibt es schon viele. Sechs sind aufgelistet. Die Besucher waren so vielseitig interessiert, und jeder hatte andere Erwartungen an den Abend. Vor allem bei den "Erstbesuchern" war die Vorfreude groß. Auch der Künstler freute sich, wie er sagte, über den "echten Flügel", der ihm, der sonst meist am E-Piano sitzt, nur selten zur Verfügung stehe.

Beeindruckend ist inzwischen sein musikalisches Werk: über 180 Lieder. Und als Indiz für dessen breite Fächerung durfte die Anwesenheit von Wolfgang Weser gewertet werden, der als Leiter des Kammerchores Hof kurz zuvor Lied-Kompositionen von Riedel aufgeführt hatte.

Der Chansonier Philipp Riedel liebt Erich Kästner; dessen lyrische Art beeindruckt und animiert ihn zu den stilistisch unterschiedlichsten Vertonungen. Sein Vortrag ist Spiegelbild - "Herzspiegel" heißt eines seiner Programme -, eine Einheit von Text und Ton, von Musik und Gesang. Riedel spielt also Kästner - und nicht nur das. Eichendorff- und Heinrich-Heine-Texte sind Grundlagen seines Schaffens, Goethe und Schiller streift er.

Philpp Riedel liebt aber auch Jan Weinert, den einzigen noch lebenden Dichter seiner ausgewählten Texte, der Shakespeares Sonette nachgedichtet hat; und der Musiker widmet sich entsprechend dem Titel des Abends eben diesen Sonetten, von denen er auch einige rezitiert. In diesem Zusammenhang erzählt er auch immer wieder von der Solistin Corinna Simons. Mit ihr hat er Konzerte bestritten und eine CD aufgenommen, auf der Jazz und Klassik verschmelzen - "getragen von Corinnas erfrischendem, lebendigen Gesang".

Sein Spiel am Flügel ist der jeweiligen Botschaft nuanciert angepasst, wechselnde Stimmungen werden in Dur- und Moll-Phrasen umgesetzt, rhythmisch wohlüberlegt und äußerst differenziert in Tempi und Lautstärken. Kein Schema F, jedes Stück hat seine eigene Identität. Da gefiel ihm, dass in den Medien eines seiner Werke als "expressionistischer Blues" bezeichnet wurde.

Er freut sich, dass "mein Kind" da ist, und die Zuhörer würden es ihm nicht verzeihen, wenn er seiner Tochter nicht auch ein Lied widmen würde: "Für mein Kind" nach einem Text von Jan Weinert drückt Hoffnung aus, es wünscht der Tochter in der ersten Reihe "Glück" und "Liebe, denn selbst die Wüste grünt, wenn man ihr Wasser gibt."

Immer wieder streut Philipp Riedel kurze Denkpausen ein, die der eben gesungenen Botschaft die Tür in die Seele öffnen. Es herrscht Stille im Saal, und alles konzentriert sich auf das Geschehen auf der Bühne, wo der Künstler im grellen, hellen Spot am Flügel sitzt. Das erzeugt jene gute Stimmung für die oft melancholischen Texte, macht bereit für die Konzentration auf Musik und Gesang.

Zwei Stunden - Pause inklusive - lauschen die Zuhörer seinem Gesang und kunstvollen Klavierspiel und erklatschen am Ende Zugaben.

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Das Konzert wurde von Stefan Frank und Peter Hohenecker aufgezeichnet; Teile davon werden in nächster Zeit unter www.youtube zu sehen sein.